Coco Chanel & Igor Stravinsky
F 2009, Laufzeit: 120 Min., FSK 6
Regie: Jan Kounen
Darsteller: Anna Mouglalis, Mads Mikkelsen, Natacha Lindinger, u.a.
Jan Kounen widmet sich mit seinem Drama der Affäre Coco Chanels mit dem russischen Komponisten Igor Stravinsky.
Das Interesse der Filmemacher für die französische Modeschöpferin Coco Chanel (1883-1971) findet nach Anne Fontaines Beitrag aus dem Jahr 2009 („Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft“) mit diesem Drama eine Fortsetzung: Nachdem Fontaine den ersten Lebensabschnitt Coco Chanels behandelte, bedient sich Jan Kounen („39,90“) mit seinem Beitrag nurmehr einer kurzen Episode aus dem Leben der eigensinnigen Mode-Epigone: ihrer Affäre mit Igor Stravinsky.
Der Musiker komponierte in den 1910er Jahren in Paris seine musikalisch revolutionären und heiß diskutierten Ballettstücke, darunter „Le sacre du printemps“, und fand in Coco Chanel eine Verehrerin. Kounen eröffnet seinen Film mit einer 20minütigen, mitreißend inszenierten Szene der legendären Uraufführung des „Sacre“ im Théâtre des Champs-Élysées, in deren Verlauf sich das Publikum erzürnt und die Tänzer rhythmisch überfordert sind, während Coco Chanel (Anna Mouglalis) im Zuschauerraum zunehmend fasziniert dem Treiben folgt. Ein Abend, an dem sich Stravinsky (Mads Mikkelsen) mit dem Choreografen zerwirft. Sieben Jahre später trifft Chanel erneut auf Strawinsky, und die Liaison mit der Pariser Modezarin kommt ins Rollen. Die nämlich lädt Stravinsky gemeinsam mit seiner Familie in ihr Domizil, die Villa in Garches bei Paris ein, wo er Kraft und Muße für seine Arbeit findet. Und seine Leidenschaft zu Coco Chanel. Die ist zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich und vermögend und experimentiert gerade an einem eigenen Parfum.
Anders als Audrey Tautou in Anne Fontaines Spielfilm verkörpert Anna Mouglalis die Modedesignerin als eine androgyne, unterkühlte Frau, die ihre kreative Seele ins strenge Korsett schnürt und als kühle Chefin auftritt. Gegenüber ihrem Gast lässt sie schließlich die Hüllen fallen. Eine Affäre unter Seelenverwandten – auf Kosten von Strawinskys Frau und Kindern. Stravinskys Familie wird in Mitleidenschaft gezogen, seine ohnehin durch Krankheit geschwächte Gattin ist Mitwisserin und zugleich machtlos. Doch auch die Beziehung des Komponisten zu Coco Chanel bekommt bald erste Kratzer, als er ihren Status als Künstlerin in Frage stellt.
Jan Kounen unterstellt dieser Affäre große Bedeutung, ohne dies mit Fakten belegen zu können. Der Regisseur deutet allerlei an und lässt vieles unausgesprochen. Mit geradezu unterkühlter Erotik nähern sich die beiden Zeitgenossen an, diskutieren über die Kunst, über die Komposition eines Liedes, über die Komposition eines Parfüms. Das sind inspirierende Dialoge. Vor allem aber sinnieren die beiden. Schon beinahe aufdringlich zelebriert Kounen den Blick ins Nichts, vor allem mit dem gewohnt virtuosen Mads Mikkelsen, der wiederholt mit verlorenem Blick gen Kamera grübelt. Kounen sucht das Melodram, dessen Tiefe der Zuschauer selbst entdecken muss. Faszinierend bleibt dabei die Sogwirkung, die sich bereits am Anfang mit dem Ballettstück entfaltet. Eine Sogwirkung, die durch den gesamten Film von bewegender Musik getragen wird, die am Ende beinahe mehr zu erzählen weiß als die Bilder selbst.
(Hartmut Ernst)
Alles auf Anfang
Lebensfragen aus weiblicher Perspektive – Vorspann 01/26
„Es ist niemals Pause“
Katharina Pethke über ihre Filme zur Arbeitswelt – Portrait 12/25
„Stromberg hat Relevanz für die heutige Zeit“
Ralf Husmann über „Stromberg – Wieder alles wie immer“ – Gespräch zum Film 12/25
„Beweise sichern für das, was afghanische Frauen durchmachen“
Sahra Mani über ihren Film „Bread & Roses: A Fight for Women's Rights“ - Portrait 12/25
Langfilmdebüt einer Schauspielerin
„Paternal Leave – Drei Tage Meer“ im Filmhaus – Foyer 12/25
Heldenspektakel
Männerrollen auf Leinwand – Vorspann 12/25
Grenzenlos
10. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/25
In NRW wird Kino wirklich gelebt
Verleihung der Kinoprogrammpreise NRW in der Wolkenburg – Foyer 11/25
Raus aus dem Schmuddelwetter
Tiefgründige Filme im No!vember – Vorspann 11/25
Auf Identitätssuche
Die 17. Ausgabe des Filmfestivals Cinescuela in Bonn – Festival 11/25
Die jüngste Tochter
Start: 25.12.2025
Der Fremde
Start: 8.1.2026
Unermüdliches Engagement für den Schnitt
„Kammerflimmern“ im Filmhaus – Foyer 10/25
Ein einfacher Unfall
Start: 8.1.2026
Hamnet
Start: 15.1.2026
Extrawurst
Start: 15.1.2026
Silent Friend
Start: 22.1.2026
„Es geht darum, Verbindung herzustellen und zu fühlen“
Zwei Fragen an Filmemacherin Laura Heinig – Portrait 10/25
„Die wichtigste Strategie: nicht aufgeben“
Zwei Fragen an Filmemacherin Lenia Friedrich – Portrait 10/25
Der Mensch hinter der Legende
choices Preview im Odeon Kino – Foyer 10/25
Father Mother Sister Brother
Start: 26.2.2026
Marty Supreme
Start: 26.2.2026
„Für mein Debüt bündle ich im Moment alle Kräfte“
Zwei Fragen an Filmemacherin Kim Lea Sakkal – Portrait 10/25
The Bride! – Es lebe die Braut
Start: 5.3.2026
Preisträgern auf den Zahn fühlen
Artist Talks des Film Festival Cologne im Filmpalast - Foyer 10/25