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Marlis Petersen gibt „La Straniera“ Alaide in Essen
Foto: Thilo Beu

Eine neue Chance für die Fremde

27. März 2014

Christof Loys spätes Regie-Debüt in Essen – Oper in NRW 04/14

Montserrat Caballé hat sie gesungen, Renata Scotto ebenso und auch eine Aufnahme mit Lucia Aliberti dürfte sich im Plattenschrank echter Opernfans finden. Bloß gesehen hat sie bislang kaum jemand: „Die Fremde“ – „La Straniera“ – ist von den Opernbühnen schon vor sehr langer Zeit vollständig verschwunden. Im Grunde nicht weiter ungewöhnlich für eine Oper, bemerkenswert ist allerdings, dass Vincenzo Bellinis Zweiakter im 19. Jahrhundert über lange Zeit ein echter Knüller gewesen war und ihm sowohl den Jubel des breiten Publikums, als auch allerhöchstes Lob großer Kollegen wie Hector Berlioz und Richard Wagner bescherte. Letztlich sorgte Bellini mit seinen späteren Werken, „La sonnambula“, „I puritani“ und vor allem seiner „Norma“, wohl selber dafür, dass „Die Fremde“ nur noch unter „ferner liefen“ eingeordnet wurde.

Einer weiteren großen Belcanto-Diva unserer Zeit ist es unterdessen zu verdanken, dass „La Straniera“ eine neue Chance auf der Bühne bekommen hat. Edita Gruberova stieß eine Neuinszenierung an, die im vergangenen Sommer in Zürich Premiere hatte und als Koproduktion mit dem Theater an der Wien sowie der Aalto-Oper nun in Essen gezeigt wird. Allerdings steht in Essen nicht die Gruberova, sondern Marlis Petersen als Alaide (die Fremde) auf der Bühne. Bedauern muss man dies ganz sicher nicht, denn Petersen singt eine großartige Partie mit glänzenden Koloraturen und einem breitem Ausdrucksspektrum von stiller Trauer bis aufloderndem Wahnsinn. Auch der zweite Gastsolist, Bariton Luca Grassi, setzt als Valdenburgo beeindruckende Glanzpunkte.

Für Regisseur Christof Loy, der sich in NRW vor allem mit seinen Inszenierungen in Düsseldorf einen Namen gemacht hat, ist es ein spätes Debüt auf der Bühne seiner Heimatstadt. Er macht es spannend für das Publikum und lässt die wahre Identität der Fremden so lange wie möglich im Unklaren. Kein Zweifel hingegen besteht gleich zu Beginn daran, dass es kein gutes Ende nehmen wird für den Verehrer der geheimnisvollen Alaide, den jungen Arturo (Alexey Sayapin mit jugendlich strahlendem Tenor), der sich schon zur Ouvertüre seinen Galgenstrick knotet. Solche Stricke sollen im Verlauf der beiden relativ langen Akte noch zahlreich durch die Szenen baumeln. Das ist ein wenig dick aufgetragen, aber doch wirkungsvoll.

Loy zeigt eine grundsolide Inszenierung, kann aber auch nicht kaschieren, warum „La Straniera“ es so lange nicht mehr auf die Bühne geschafft hat. Die Handlung ist nicht sonderlich dankbar für die Regie und außerdem noch an entscheidenden Knackpunkten wenig plausibel. Also schafft er ein Theater auf dem Theater, damit allerdings auch spürbare Distanz zu den Protagonisten. Dass die Fremde nun einen neuerlichen Siegeszug über die Opernbühnen antreten wird, ist also nicht zu erwarten. Ein nachhaltiger Impuls für weitere konzertante Aufführungen ist schon eher denkbar. Der Spanier Josep Caballé Domenech, seit letztem Jahr GMD der Staatskapelle Halle und erstmals am Pult der Aalto-Oper, entfaltet den hohen Emotionsgehalt der Partitur jedenfalls mit großer Übersicht und Finesse.

„La Straniera“| Mi 9.4., Fr 11.4. je 19.30 Uhr, So 13.4. 19 Uhr | Aalto-Musiktheater Essen | 0201 81 222 00

Karsten Mark

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