choices: Herr Baum, der größte Kölner Skandal nach 1950 aus Ihrer Sicht war...
Gerhart Baum: Ich mag keine Superlative. Von den zahlreichen Skandalen, die es gab, war die Korruptionsaffäre Trienekens für mich persönlich ein besonders einschneidendes Ereignis. Dabei wurde auch die SPD zutiefst erschüttert. Der Einsturz des Historischen Archivs ist dagegen weit mehr als ein Schadensfall. Er ist eine tiefe Zäsur für Köln. Die Stadt ist danach nicht mehr die, die sie vorher war.
Betrifft das neben dem Archiv und seinem hohen Symbolwert auch den U-Bahnbau?
Hier ist die Art der Kölner, mit Problemen umzugehen, zur Katastrophe geworden. Der U-Bahnbau ist ein im Grunde unfassbares Projekt, das nicht wirklich zu Ende gedacht worden ist. Der Umgang mit der Katastrophe selbst war dann ja eher hilflos.
Ist dieser eigentümliche Umgang typisch für Köln?
Die nonchalante Art, nach dem Motto „et kütt wie et kütt“ zu verfahren, diese Mentalität ist gescheitert. Spätestens, als sich beim U-Bahnbau ein Kirchturm zum „Schiefen Turm von Köln“ geneigt hat, hätten alle Warnsignale angehen müssen. Schon vorher hat das Ansehen der Stadt durch die zahlreichen Affären in ganz Deutschland gelitten. Ich erinnere nur die blamablen Vorgänge um die Besetzung der Intendanzen von Oper und Schauspiel oder um den Dom und das Weltkulturerbe. Alles Imageschäden ersten Ranges.
Sehen Sie Möglichkeiten, Köln, mindestens aber der Kölner Politik zu mehr Seriosität zu verhelfen?
Die Stadt braucht ein besser bezahltes professionelles Management – die Gemeindeordnung muss geändert werden. Politiker gehören auch nicht in die Aufsichtsgremien der privaten städtischen Gesellschaften – die sollten zum Teil verkauft werden. Warum hortet Köln im Gegensatz zu Düsseldorf das Tafelsilber und zahlt Zinsen für riesige Schulden?
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