Wer nicht arbeitet, soll auch nichts anzuziehen haben. Millionen Nackte müssten also in der Bundesrepublik herumlaufen, mit Maske versteht sich. Der despektierliche Satz, etwas abgewandelt aus der heiligen Bibel (Paulus an die Thessalonicher) ziert eine Wand in der Bonner Bundeskunsthalle. Dort läuft die großartige Modeausstellung „Dress Code“, eineKooperation mit dem National Museum of Modern Art in Kyoto und dem Kyoto Costume Institute, die bisher nur in Japan gezeigt wurde. Ihr Untertitel „Das Spiel mit Mode“ hat einen herrlich doppeldeutigen Unterton, denn wer sich dem Bekleidungs-Diktat unterwirft, glaubt oft, dass dies zu seinem Wohlbefinden beiträgt. Allerdings kann das nicht immer der Fall sein, wenn man sich diverse (fast untragbare) Highlights der Ausstellung anschaut.
Los geht es erst einmal mit Rolltreppen-Modenschau und einem Berg Klamotten halbiert durch einen Spiegel und in weiß und bunt sortiert. Der Raum öffnet sich various artists, zeigen ihre Dress Codes zum Thema „Business“, 4 Frauen und 13 Männer spiegeln auch exakt das Verhältnis in den Manageretagen wieder. Die Verwandlung als Darstellung von Sein, Haben und (scheinindividueller) Persönlichkeit als Spiel mit den Modeströmungen stehen in Bonn im Mittelpunkt. Coco Chanels Tagesensemble aus schwarzer Wolle mit Perlendreireiher und kecker Rosette von 1928 mit zeitgenössischen Modellen von Yamamoto oder Lagerfeld stehen dabei auf einer Ebene.
Wie bewusst wähle ich meine Garderobe? Nun anhand der schier endlosen Handtaschenmodelle auf den Fotos von Juergen Teller (Serie von 2019), die eine ganze Wand füllen, kann jeder Besucher ermessen, wie schwer das allein bei den Accessoires werden könnte. Hilfestellung liefert vielleicht das Fashion Lab, ein halber Darkroom mit installierten Vitrinen und einem interaktiven Smart Mirror, wo sich die Besucher mit aktuellen Modekreationen virtuell stylen können. Ich hab es auch versucht, bin aber nicht wirklich fündig geworden. Spannender ist es zu sehen, wie bestimmte Muster sich durch die Jahrzehnte ziehen. Die Schottenmusterhose von Vivianne Westwood aus den späten 1970ern und das Kleid von Yuima Nakazato 2017 haben mehr gemeinsam als nur die Reißverschlüsse.
Dress Code. Das Spiel mit der Mode | bis 12.9. | Bundeskunsthalle, Bonn | 0228 917 12 00
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