„Wir brauchen einen Neuanfang in der Migrationspolitik, der einer modernen Einwanderungsgesellschaft gerecht wird“, erklärte Bundesinnenministerin Faeser. Vor einer ähnlichen Herausforderung stehen auch Kunst und Kultur. Das Dokumentationszentrum über die Migration in Deutschland widmet sich dieser Herausforderung seit dem 26. Mai in der Ausstellung „Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland“. Dabei geht es um Strukturen der Ausgrenzung sowie die Frage, ob die Konstruktion einer Gruppenidentität eine Gegenüberstellung der „Anderen“ erfordert. Im Zuge des Programms wird darüber hinaus auch die Rolle der Museen bei der Repräsentation der deutschen Multikulturalität beleuchtet. Am 15. September diskutieren so der stellvertretende Sprecher des Arbeitskreises Migration im Deutschen Museumsbund Bora Akşen, die Kuratorin für partizipative Museumsformate Angela Jannelli, der Filmemacher Cem Kaya sowie Museologin und Historikerin Sandra Vacca, inwiefern sich die Migrationsgesellschaft in Museen widerspiegelt – oder eben nicht, denn historisch gesehen präsentierte sich Deutschland höchstens in Nischenausstellungen als Einwanderungsland.
Eine Verzerrung der Realität, immerhin hat mehr als ein Viertel der Bevölkerung eine Einwanderungsgeschichte, insbesondere unter jungen Menschen ist der Anteil hoch. Bereits in den 1950er Jahren wurden durch Kanzler Konrad Adenauer im Zuge des Wirtschaftswunders die sogenannten Gastarbeiter angeworben – zunächst aus Italien, später dann auch aus anderen Ländern wie Griechenland, der Türkei und Portugal. 1964 wurde bereits der millionste Gastarbeiter empfangen: Der Portugiese Armando Rodrigues de Sá erhielt neben einer Urkunde und einem Gruß von Bundesinnenminister Hermann Höcherl auch ein zweisitziges Moped. Trotz der Willkommensgesten war eine Einbürgerung der Gastarbeiter zunächst nicht geplant, unter Willy Brandt kam es 1973 schließlich zu einem Anwerbestopp.
Doch viele der ursprünglichen „Gastarbeiter“ blieben in Deutschland, holten ihre Familien nach und erhielten schließlich die Staatsbürgerschaft – und sind fester Bestandteil der nationalen Identität geworden. Dennoch werden Menschen mit Migrationshintergrund häufig nicht mitgedacht, wenn es darum geht, was „deutsch Sein“ bedeutet. Ein Problem, dass auch durch den erneuten Bedarf an Fachkräften aus dem Ausland an Brisanz gewinnt.
Wer wir sind – Migration im Spannungsfeld deutscher Museen | 15.9. 19 Uhr | Bundeskunsthalle Bonn | www.bundeskunsthalle.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Arbeitsstreik und Lebensdichtung
„Her mit dem guten Leben!“ in der BKH Bonn – Spezial 0623
Welcome to the Shitshow
„Ernsthaft!?“ in der Bonner Bundeskunsthalle – Kunstwandel 01/23
Visuelles Gesamtkunstwerk
Die Oper als Ausstellungsobjekt in Bonn – Kunstwandel 11/22
Bunt ist oft nicht unpolitisch
„Farbe ist Programm (Teil 1)“ in der BKH Bonn – Kunstwandel 06/22
Eine Ikone des Feminismus
Simone de Beauvoir-Ausstellung in der BKH Bonn – Kunstwandel 04/22
Im Rausch der Bilder
Bundeskunsthalle Bonn: „Methode Rainer Werner Fassbinder“ – Kunstwandel 11/21
Straßenbahnhaltestelle als Plastik
„Beuys-Lehmbruck“ in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 08/21
Dreireiher versus Jogginghose
Dress Code in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 07/21
In Zeitlupe durch brennende Wälder
Julius von Bismarck in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 10/20
Immer gegen Konventionen
Zeitreise der Doppelbegabungen in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 08/20
Ausbeutung für die Verschwendung
„Wir Kapitalisten“ in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 06/20
Die durchdesignte Hölle
Anna Uddenberg in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 06/19
Klimarettung in der Domstadt
Die 2. Porzer Klimawoche – Spezial 09/23
Alle Hebel in Bewegung setzen
Arsch huh, Zäng ussenander und Fridays for Future beim Gamescom City Festival – Spezial 09/23
Auf Augenhöhe
25 Jahre Philosophisches Café in Bonn – Spezial 07/23
Worte und Wissen gegen Gewalt
Lesung im NS-Dokumentationszentrum – Spezial 05/23
Grünes Licht für Fußverkehr
Diskussion im Haus der Architektur – Spezial 05/23
Feministische Mobilität
„Verkehrswende? Geschlechtergerecht!“ im Bürgerzentrum Deutz – Spezial 04/23
Klimaschutz made in Europe
Podiumsgespräch im Domforum – Spezial 04/23
Gelobtes (und umkämpftes) Land
„Mein Israel und ich“ in der VHS – Spezial 03/23
Selbstlosigkeit in der Krise
T. Metzinger in der Stadtbibliothek – Spezial 03/23
Freiheitskämpferinnen
Diskussionsrunde in der VHS Köln – Spezial 02/23
„Räume für Empowerment schaffen“
Jasmin Smalls über den Black History Month – Interview 02/23
Höchste Zeit zu Handeln
Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers stagniert – Spezial 01/23