Zweieinhalb Jahre Coronapandemie – für viele Menschen bedeutet das vor allem berufliche Unsicherheit. Kurzarbeit, Kündigungen und Homeoffice waren neue Normalität, viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit vermeintlich sicheren Jobs standen vor der Herausforderung einer Neuorientierung.
„Es gibt neben Corona unterschiedliche Gründe für eine berufliche Umorientierung“ erzählt Martina Fach-Overhoff, „beispielsweise, wenn das Geld knapp wird oder Eltern das Gefühl haben, sie würden den Kindern nicht gerecht und bräuchten mehr Freiraum“. Die studierte Chemiedidaktikerin und Psychologin ist seit April 2022 Vorstandsvorsitzende des Womans Business Cologne e.V. (WBC Cologne) und unterstützt als Coach und Supervisorin Frauen in beruflichen Entscheidungs- und Umbruchsituationen.
„Ich gebe keine Lösungen vor“
„Ich kann einer Person nicht sagen, was zu tun ist. Ob sie kündigen oder sich verändern soll. Aber wir können uns gemeinsam hinsetzen und überlegen, worum es eigentlich geht und was das Ziel ist“, erklärt Fach-Overhoff ihren Ansatz. „Ich gebe keine Lösungen vor, sondern lasse die Fragenden Lösungen ressourcenorientiert selbst entwickeln.“ Ein langer Coaching Prozess sei dabei gar nicht immer gewünscht oder nötig, oft helfe ein gutes Gespräch dabei, wieder handlungsfähig zu werden. Interessierte können sich per Mail melden, sich für ein Online-Coaching anmelden oder direkt anrufen.
Neben der Karriereberatung geht es dem Kölner Verein vor allem um das Bilden von Netzen. „Frauen können sich gegenseitig unterstützen, Mut zusprechen und Netzwerke aufbauen“, ist Fach-Overhoff überzeugt. Der Verein habe sich 2008 gebildet, um Frauen in Ihrer Gründung zur Freiberuflichkeit zu unterstützen. Das Ziel war ein stärkendes Netz und Austausch zwischen erfahrenen Kolleginnen und Berufseinsteigerinnen. Doch das Geschlecht sei ihr gar nicht so wichtig, so Fach-Overhoff. Der Verein wolle vielfältig und offen sein, auch ein nach Unterstützung suchender Mann werde nicht abgewiesen.
Über den Tellerrand schauen
Seit zehn Jahren ist Fach-Overhoff im Verein aktiv. Unter den zehn ehrenamtlichen Mitgliedern seien Frauen aus ganz verschiedenen Bereichen wie Fotografie, Rechtswissenschaft, Schauspiel, Qualitätsmanagement oder Sozialpädagogik, erzählt Fach-Overhoff. Es sei ihr besonders wichtig, auch über den eigenen Tellerrand zu schauen. Durch die verschiedenen Lebensläufe und Kompetenzen könne jedes Mitglied eigene Schwerpunkte in der Beratung anbieten.
Um sichtbar zu werden und mit interessanten Menschen ins Gespräch zu kommen, nehmen Vereinsmitglieder an Veranstaltungen teil und arbeiten unter anderem mit der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK) und der Agentur für Arbeit zusammen. Es gibt außerdem regelmäßige offene Netzwerk-Treffen, Expertenrunden und Workshops mit Impulsen für die berufliche Weiterentwicklung sowie Beratung für Unternehmen und Führungskräfte. Als neue Vorsitzende möchte Fach-Overhoff das Netzwerk mit einem partizipatorischen und demokratischen Schwerpunkt weiterentwickeln.
Und wie kann eine Neuorientierung nun besonders gut gelingen? Martine Fach-Overhoff ist überzeugt: „Wenn ich selbstwirksam und von innen heraus überzeugt bin, dass eine Veränderung das richtige ist – beispielsweise ab morgen als Freelancer zu arbeiten – dann gelingt das auch. Am einfachsten ist es, wenn ich die notwendigen Kompetenzen mitbringe“.
UND TSCHÜSS - Aktiv im Thema
frauenberatungszentrum-koeln.de | Das Kölner Frauenberatungszentrum hilft ausdrücklich auch bei „Schwierigkeiten am Arbeitsplatz“, insbesondere bei Mobbing, sexualisierter Belästigung und Burnout.
freie-berufe.de | Der Bundesverband der Freien Berufe e.V. versteht sich als Interessenvertretung gegenüber Politik und Gesellschaft und will auch die Beziehungen der freien Berufe untereinander stärken.
arbeitsagentur.de/beruf-wechseln/neues-berufsziel-finden | Die Bundesagentur für Arbeit orientiert zu Berufswahl, Umschulung und Weiterbildung.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ja zur Katastrophe
Intro – Und Tschüss
Unsinnige Arbeit
Bullshit-Jobs machen krank und stabilisieren das System – Teil 1: Leitartikel
„Geld ist ein Lockmittel, motiviert aber nicht lang“
Wirtschaftspsychologe Christian Dormann über moderne Arbeitsvorstellungen – Teil 1: Interview
Abschied des Glücks wegen
Von der Leichtigkeit der Entwurzelung – Teil 2: Leitartikel
„Das rührt sehr an Selbstkonzepten“
Psychologin Ines E. Walter über Reiz und Risiko von Auslandsaufenthalten – Teil 2: Interview
Experten für die eigene Geschichte
Workshops zur Migrationserfahrung in Bochum – Teil 2: Lokale Initiativen
Reif für die Trennung
Nähe und Abstand in Familie und Freundschaft – Teil 3: Leitartikel
„Das Interesse an engen Freundschaften hat zugenommen“
Psychologe Wolfgang Krüger über Pflege und Ende von Freundschaften – Teil 3: Interview
Keine Frau alleine lassen
Seit 40 Jahren bietet die Wuppertaler Frauenberatung ihre Hilfe an – Teil 3: Lokale Initiativen
Mehr vom Leben
Auf dem Weg zur Work-Life-Balance – Europa-Vorbild: Spanien
Systemabsturz
Im Teufelskreis ungesunder Arbeit und Beziehungen – Glosse
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 1: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Europa verstehen
Teil 2: Lokale Initiativen – Initiative Ruhrpott für Europa spricht mit Jugendlichen über Politik
Verbunden über Grenzen
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertal und seine europäischen Partnerstädte
Was keiner haben will
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kölner Unternehmen Plastic Fischer entsorgt Plastik aus Flüssen
Korallensterben hautnah
Teil 2: Lokale Initiativen – Meeresschutz im Tierpark und Fossilium Bochum
Wasser für Generationen
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Wupperverband vernetzt Maßnahmen und Akteure für den Hochwasserschutz
Hilfe nach dem Schock
Teil 1: Lokale Initiativen – Opferschutz bei der Kölner Polizei
Orientierung im Hilfesystem
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Opferschutzorganisation Weisser Ring in Bochum
Häusliche Gewalt ist nicht privat
Teil 3: Lokale Initiativen – Frauen helfen Frauen e.V. und das Wuppertaler Frauenhaus
Forschung muss nicht quälen
Teil 1: Lokale Initiativen – Ärzte gegen Tierversuche e.V. argumentiert wissenschaftlich gegen Tierversuche
Kaum entdeckt, schon gefährdet
Teil 2: Lokale Initiativen – Artenschutz und Umweltbildung in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen
Ein neues Zuhause
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Wuppertaler Tierschutzverein Pechpfoten
Ankommen zu zweit
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein Start with a Friend knüpft Kontakte für die Einwanderungsgesellschaft
Nach dem Vertrauensbruch
Teil 2: Lokale Initiativen – Therapeuten-Netzwerk besserlieben berät auch zu offenen Beziehungen