choices: Herr Schneider, wie es heißt, wird in Berlin eben das „bedeutendste kulturpolitische Projekt in Deutschland seit Beginn des 21. Jahrhunderts“ in Angriff genommen: der Umzug des Ethnologischen Museums Dahlem ins Humboldt-Forum.
Prof. Dr. Klaus Schneider: Das Humboldt-Forum ist ein herausragendes Projekt mit einem größeren finanziellen Rahmen als unseres, auch die Nutzung des wiederaufgebauten Stadtschlosses ist spektakulär. Unser „Kulturquartier am Neumarkt“ ist allerdings auch einzigartig. Es ist aktuell das herausragende Kulturprojekt in Westdeutschland. Hinter der „Agora“ des Humboldt-Forums verbirgt sich zudem ein konzeptionelles Programmangebot, das wir bereits seit vielen Jahren im alten Haus am Ubierring umgesetzt haben. Sehr erfolgreich waren übrigens die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst aus Afrika, Asien usw. Schade, dass man das in Köln nicht entsprechend kommuniziert.
Wo werden denn im neuen Haus Ihre Veranstaltungen stattfinden?
Ein zentraler Ort ist der von uns für diese Zwecke konzipierte große Saal, den die VHS betreibt und den wir mitnutzen werden. Dann ist da unser Foyer mit dem imposanten Reisspeicher, einem Objekt, das in den Museen der Welt einmalig ist. Zum dritten können wir die Flächen bespielen, die auch für Sonderausstellungen zur Verfügung stehen. Dort haben bis zu 1.500 Personen Platz.
Sie werden nicht nur Vorträge anbieten…
Nein. Ich habe mich seit vielen Jahren um einen eigenen Veranstaltungsmanager bemüht, mit dem Umzug ist uns das endlich gelungen – ein sehr wichtiges Standbein für unser Konzept.
Haben Sie schon konkrete Pläne?
Für 2010 und 2011 stehen mittlerweile drei größere Projekte. Im Oktober 2010 wird es ein langes Wochenende zur Städtepartnerschaft Köln-Istanbul mit Film, Musik, Theater und vielem mehr geben. Zu unseren Partnern soll u.a. die Deutsch-Türkische Handelskammer gehören. Dann planen wir ein großes regelmäßiges ethnographisches Filmfestival. Das Konzept dafür ist fertig...
Kooperieren Sie hier? Etwa mit dem Afrika Filmfestival von Filminitiativ?
Dieses Festival ist herausragend. Für uns ist wichtig, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten, deshalb wollen wir die Termine koordinieren. Schließlich veranstalten wir eine interkulturelle Tanzreihe mit Tänzern aus allen Regionen der Welt. Die Förderung durch das Land steht schon.
Wie gestalten Sie Ihre Räume für die einzelnen Events?
Im Foyer werden z.B. als eine Möglichkeit Tribünen für die Besucher aufgebaut, die Mitte wird bespielt, ein bisschen wie ein Catwalk. Dabei können die Tänzer auch Teile des ersten Stocks nutzen und damit auf zwei Ebenen agieren.
Wird es auch wieder einen Pfingstmarkt geben?
Viele Kölner vermissen dieses Fest schmerzlich, das wir regelmäßig organisiert haben. Wegen unserer fehlenden Planungssicherheit konnten wir bisher nicht terminieren. Aber ich denke, 2011 wird es den Pfingstmarkt wieder geben.
Noch einmal zur Kooperation. Wie steht es mit der „Akademie der Künste der Welt“?
Wir waren schon in den Diskussionsprozess einbezogen, als es noch um ein „Haus der Kulturen der Welt“ ging. Ich habe auch lange mit Herrn Kermani gesprochen. Dabei war von Anfang klar, dass unser Haus auf keinen Fall ein Annex eines „Hauses der Kulturen“ wird. Die Gespräche haben aber auch deutlich gemacht, dass es zwischen uns viele positive Synergien geben kann. Deshalb fand ich die Idee gut, in Richtung „Akademie der Künste“ zu gehen.
Und die praktische Zusammenarbeit?
Wenn Kapazitäten und Planungen es zulassen, ist die Akademie ein gern gesehener Gast. Wir können ihr einen wunderschönen Ausstellungsort bieten.
Rechtzeitig zum Umzug ist Ihr Museum wegen angeblich zu niedrig kalkulierter Umzugskosten noch einmal negativ in die Schlagzeilen geraten.
Das Museum hat diese Kosten bereits vor vier Jahren mit rund 2 Millionen Euro angegeben und nie eine andere Summe genannt. Aus logistischen und organisatorischen Gründen zieht sich der Umzug aber über mehrere Jahre hin, deshalb fallen im Haushalt für die einzelnen Jahre entsprechende Teilbeträge an. Der Vorgang hat mich sehr geärgert, da so in der Öffentlichkeit das Bild von schlechter oder schlampiger Arbeit des Museums entsteht.
Nach diesen Querelen: Wann werden Sie Ihr Haus eröffnen?
An einem schönen Tag im Mai 2010.
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