choices fragt: Welche Initiativen zeigen uns den Weg?
Zweifellos ist es besser, Geld in der Tasche zu haben, als kein Geld in der Tasche zu haben. Geld erfüllt in unserer Gesellschaft einen höchst praktischen Zweck und ist auch aus guten Gründen begehrenswert, weil es seinem Besitzer Freiheit und Möglichkeiten schenkt. Dennoch hat Geld – vor allem in kapitalismuskritischen Kreisen – mitunter einen negativen Anstrich. Nach der internationalen Finanzkrise 2008 hieß es von Beobachtern und Geläuterten: Wir müssen uns von der Fetischisierung des Geldes befreien.
Die Bürgerstiftung Köln zeigt, wie man den Wert des Geldes positiv zur Geltung bringen kann – und zwar auf konkrete und unmittelbare Weise. Gegründet 2005, stellt sie seitdem eine „demokratisch ausgerichtete Form des gemeinnützigen Engagements“ dar. Ihr Ziel ist es, Köln lebens- und liebenswerter zu machen und dabei die Grundsätze der Nachhaltigkeit und sozialen Gerechtigkeit zu fördern. Sven Johannsen ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Er habe sich schon immer für sein Umfeld interessiert, erzählt er: „Ich hatte das Bedürfnis der Gemeinschaft etwas zurückzugeben, aber wollte auch Einfluss darauf nehmen, was mit dem Geld passiert. Und diese Möglichkeit ist bei der Bürgerstiftung ungemein gut gegeben“. Jeder Bürger kann mit einem vergleichsweise kleinen Betrag von 500 Euro Stifter werden oder alternativ auch seine Zeit stiften. Und ob nun Jugendarbeit, ein Satz Ukulelen für eine Grundschulklasse oder Obstbäume pflanzen: Jeder darf selbst entscheiden welches Projekt mit seinem Einsatz unterstützt werden soll.
Die Finanzierung der Projekte speist sich aus den Kapitalerträgen des Stiftungskapitals, hinzu kommen Spenden und Sonderspenden, wie zum Beispiel die Überschreibung von Erbschaften: Es gebe Menschen, die sagten: „Diese Stadt hat mir so viel gegeben, beruflich, persönlich, und ich weiß, dass es andere in dieser Stadt gibt, denen die Sonne nicht so ins Gesicht geschienen hat“, erzählt Johannsen. Außerdem unterhält die Bürgerstiftung eine Zusammenarbeit mit den Ford-Werken. Dennoch legt die Stiftung großen Wert darauf als unabhängig wahrgenommen zu werden. Man verstehe sich als überparteilich, nicht religiös- oder zweckgebunden. Nur eines sei wichtig: vielfältig zu fördern. Martin H. Müller, der ebenfalls Mitglied im Vorstand ist, freut es immer wieder zu sehen, dass mit wenig Aufwand viel bewirkt werden kann: „Es gibt so viele kleine Initiativen die nur eine minimale Hilfestellung brauchen.“
„Refoodgees“ heißt ein Projekt, dessen nachhaltiger Erfolg die Stiftung besonders stolz gemacht hat. Der Name setzt sich aus den beiden englischen Worten „food“ und „refugees“ zusammen und beschreibt gleichzeitig, worum es geht: Beheimatete und Geflüchtete kochen zusammen. Kulinarische Bereicherung als Dank dafür, nicht mehr um Leib und Leben fürchten zu müssen. Mit Hilfe der Bürgerstiftung konnte sich das „Refoodgees“-Team einen gebrauchten Foodtruck kaufen und kocht heute nicht mehr nur für sich, sondern ist auf Geburtstagen, Parties und Straßenfesten unterwegs. Sämtliche Einnahmen werden an die Flüchtlingshilfe gespendet.
Das große Ganze betrachtend hofft das Team der Bürgerstiftung mit seiner Arbeit Einfluss auf das soziale Miteinander nehmen zu können. Martin H. Müller erzählt, dass er am Anfang noch Zweifel hatte, welche aber schließlich schnell verflogen seien: „Ich hatte ein wenig Kopfschmerzen.“ Das Prinzip sei ihm erst suspekt gewesen: „Ich dachte, Geld verteilen – ist das eine gute Idee? Aber die Bürgerstiftung hat mir bewiesen, dass Geld nicht immer schlecht ist. Ganz im Gegenteil, man kann damit auch sehr viel Gutes bezwecken.“
Falsches Geld - Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
armuts-und-reichtumsbericht.de | Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017.
bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2017/fa_bj_1707_Schattenbanken.html | Fachartikel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über Schattenbanken.
youtube.com/watch?v=JR_UyV32Ba4 | Arte-Doku über die Schattenbank Blackrock.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Voll verdient
Intro - Falsches Geld
Im Dunklen ist gut Domino spielen
Funktion und Risiken von Schattenbanken
„Regulierung politisch schwer zu erreichen“
Finanzanalyst André Tomfort über Schattenbanken
Aus der Krötenperspektive
Die Unsicherheit des Geldes
Transparenz von Hinterzimmergesprächen
Das irische Lobbyregister – Europa-Vorbild: Irland
Wirtschaft für alle
Die Gruppe Gemeinwohl-Ökonomie Köln-Bonn – Teil 1: Lokale Initiativen
Gegen die soziale Kälte
Duisburger Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“ – Teil 2: Lokale Initiativen
Perspektiven gegen Armut
Das Herner Sozialforum – Teil 2: Lokale Initiativen
Für eine Kindheit ohne Armut
Die Diakonie Wuppertal – Teil 3: Lokale Initiativen
Aus der Geschichte lernen
Das Friedensbildungswerk Köln – Teil 1: Lokale Initiativen
Bürger und Arbeiter stärken
Die Romero-Initiative unterstützt Zivilgesellschaften in Mittelamerika – Teil 2: Lokale Initiativen
Von Behördendeutsch bis Einbürgerung
Wuppertals Flüchtlingshilfe Nordstadt – Teil 3: Lokale Initiativen
Nachschub für die Wildnis
Artenschutz im Kölner Zoo – Teil 1: Lokale Initiativen
Vielfalt am Tümpel
Die „Ökozelle“ des Naturschutz Hattingen – Teil 2: Lokale Initiativen
Aufmerksamkeit als Waffe
Wuppertals Ortsgruppe von Extinction Rebellion setzte auf starke Bilder – Teil 3: Lokale Initiativen
Im Bann der Vielfalt
Kölns Mülheimer Kulturbunker – Teil 1: Lokale Initiativen
Spielerisch sich selbst erkunden
Das Transformationscafé in Duisburg und Düsseldorf – Teil 2: Lokale Initiativen
Vor Ort für weltweite Menschenrechte
Amnesty International in Wuppertal – Teil 3: Lokale Initiativen
Weil es noch gut ist
The Good Food rettet Lebensmittel, die sonst entsorgt würden – Teil 1: Lokale Initiativen
Souverän statt nur sicher
Das Wuppertaler Informationsbüro Nicaragua gibt Auskunft auch zu Agrarmodellen – Teil 2: Lokale Initiativen
Zwischen Saat und Kompost
Im Gemeinschaftsgarten Grünstich in Bochum-Hamme – Teil 3: Lokale Initiativen
Was passiert in der Black Box?
Forschung zur digitalen Bildung an der Universität zu Köln – Teil 1: Lokale Initiativen
Er-Fahren macht klug
Das „Interdisziplinäre Zentrum Machine Learning and Data Analytics“ der Uni Wuppertal – Teil 2: Lokale Initiativen
Konkurrenz oder Entlastung?
Das Kompetenzzentrum Humaine an der Uni Bochum erforscht Künstliche Intelligenz – Teil 3: Lokale Initiative