Der August ist fast theaterfrei, die meisten Kölner sind erstmal ausgeflogen. Doch bereits ab 28. August wartet das „Hotel Köln“ auf alle Heimkehrer, die ihre eigene Wohnung weiterhin meiden wollen: Das Kölner Ensemble DRAMA Köln eröffnete die einzelnen Dienstleistungsbereiche seiner Herberge – Friseursalon, Parkdeck oder Minibar – bereits im Mai mit kleinen Veranstaltungen. Nun startet endlich der eigentliche „Hotelbetrieb“: „HOTEL KÖLN lädt alle Kölner dazu ein, an 10 Tagen im Spätsommer ihre eigene Stadt zu besuchen und in der Wohnung eines anderen Kölners zu übernachten. Dabei stellt jeder teilnehmende Gast seine eigene Wohnung oder ein Zimmer seiner Wohnung zur Verfügung. Das temporäre Hotelzimmer ist die Wohnung oder das Zimmer eines anderen Kölners“, so die Ankündigung. Weitere Infos zum kultverdächtigen Heimaturlaub gibt es unter www.drama-koeln.de.
„Das Leben ist ernst, Ernst“ heißt es dagegen ab 14.9. im theater im bauturm an der Aachener Straße. Thomas Ulrich inszeniert hier mit seinen „Acting Accomplices“ eine surreale Tour d‘amour nach Oscar Wildes Salonkomödie, welche meistens mit „Bunbury“ betitelt ist(www.theater-im-bauturm.de).
Neu an den Start geht Heinz Simon Keller als Leiter des theater der keller in der Kleingedankstraße: Eröffnet wird am 13. September mit Theresia Walsers „Eine Stille Für Frau Schirakesch“ – einer Groteske über Talkshows, die nur noch Leere produzieren und die westliche Diskussionskultur zu Grabe tragen, in Kellers eigener Regie. Gefolgt von „Waisen“ (Dennis Kelly) am 20. September in der Regie von Sandra Reitmayer – einem Thriller über ein Trio, das bürgerliche Wertvorstellungen in einem Stadtviertel aufrechtzuerhalten versucht, in dem es sich selbst kaum noch auf die Straße traut (www.theater-der-keller.de). Es scheint also wehrhaft weiterzugehen im „keller“, dem der Theaterbeirat jüngst bis Ende 2014 weitere Mittel aus dem Feuerwehrtopf Konzeptionsförderung zugesagt hat.
Zum symbolischen Datum „09-11“ startet das Kölner Ensemble A.TONAL.THEATER im COMEDIA Theater mit „Me, Myself & I: AMPHITRYON“ nach Heinrich von Kleist in die neue Spielzeit: „Was bleibt, wenn einem alles genommen wird, wenn selbst das Ich abhandenkommt?“, lautet hier die Ausgangsfrage. Kleists Reflektion einer existenziellen Verunsicherung ist gerade in Zeiten des Web 2.0 mit seinen Social Media-Angeboten, PRISM-Spionageprogrammen und Formen des Cyber-Mobbings hochaktuell. Denn: Das Ich tritt heute nicht mehr mit einem Double aus der antiken Götterwelt in Konkurrenz, sondern mit dem Alter Ego aus dem Internet (www.comedia-koeln.de).
Last but not least ... nein ziemlich am Anfang des Premierenreigens in der Freien Szene steht am 4. September die Premiere des Analogtheater in der Studiobühne Köln. „BEING PHILOTAS – Wofür es sich zu sterben lohnt“ erblickt hier in der Regie von Daniel Schüßler das Licht der neuen Spielzeitwelt. Angekündigt wird eine Sehnsuchtsparty für Heimatlose nach G. (Gotthold) E. (Ephraim) Lessing (www.studiobuehne-koeln.de).
Die Freien Theater und Gruppen gehen also trotz ihrer stiefmütterlichen Behandlung durch die Kölner Politik mit breitgefächertem Programm in die neue Spielzeit und freuen sich auf möglichst viele braungebrannte, theaterhungrige Kölner ...
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