Es ist eine jener Nachrichten, die man kaum glauben mag: Der 50jährige Intendant des Künstlerhauses Mousonturm in Frankfurt – Niels Ewerbeck – hat sich auf dramatische Art und Weise selber das Leben genommen. Polizei und Feuerwehr fanden ihn durch offenes Gas erstickt in seiner Frankfurter Wohnung. Ewerbeck hatte erst in diesem Jahr die Leitung des Mousonturm übernommen. Vorher war er von 1999 bis 2004 Gründungsdirektor des Forum Freies Theater in Düsseldorf und machte anschließend bis Ende 2011 das Theaterhaus Gessnerallee in Zürich zu vielleicht dem führenden Produktionsort für freies Theater in Europa, mit 350 Vorstellungen von ihm koproduzierter freier Tanz-, Musik- und Theatergruppen. Als Hochschuldozent war er zudem an der Hochschule der Künste Bern aktiv.
Zum Jahresbeginn 2012 startete er, in der Nachfolge von Dieter Buroch, die Arbeit am Mousonturm: Als ersten Amtsakt schloss er das Haus acht Monate, um den aus den 1980er Jahren stammenden Theatersaal grundlegend umzubauen und dabei den Bühnenraum zu verbreitern. Ein von ihm aufwändig inszeniertes, dreitägiges Festival LÜFTEN im Juni 2012 in und um die Jahrhunderthalle, das als neues Format Musik, modernes Tanztheater und künstlerische Interventionen verbinden sollte, war künstlerisch hochwertig, hatte jedoch wenig Besucher und hinterließ ein erhebliches Defizit, das den mit 3,9 Millionen Euro eigentlich üppigen Etat des Theaters und wohl auch das Gemüt des Intendanten fortan massiv belastete. Am 6. September 2012 fand schließlich mit der Aufführung des Stücks „Before Your Very Eyes“, der auch am Kölner Schauspiel beheimateten Gruppe Gob Squad, die Wiedereröffnung des Hauses nach der Umbauphase statt. Leider schien die Kraft von Niels Ewerbeck nicht mehr auszureichen, um den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen ...
Neben seinem Wirken als Theatermanager und Intendant war Ewerbeck um die Jahrtausendwende auch Mitglied des ersten Theaterbeirates der Stadt Köln und damit auch der hiesigen Szene verbunden. Unter seinem Mitwirken sprach sich der damalige Beirat bereits vor 10 Jahren für eine Konzentration der geringen Theaterfördermittel auf eine handvoll freier Theater und Gruppen sowie für strukturelle Veränderungen in der hiesigen Szene aus, zum Beispiel durch den Vorschlag das theater der keller und das theater im bauturm zu fusionieren, da diese mit den geringen vorhandenen Fördermitteln nicht dauerhaft zu finanzieren und künstlerisch auszubauen seien. Eine Vorhersage die mit dem jüngst eingereichten Insolvenzantrag des theater der keller an Aktualität nicht zu überbieten ist. Der aktuelle Theaterbeirat der Stadt Köln hatte sich im Oktober dafür ausgesprochen die zusätzlichen 200.000 Euro aus dem „Feuerwehrtopf Konzeptionsförderung“ nicht alleine dem theater der keller zuzusprechen, sondern 100.000 Euro dem keller und 100.000 Euro anderen notleidenden Theatern zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der enttäuschten Fördererwartung sah der Vorstand des Theaters keine andere Alternative als den Gang in die Insolvenz anzutreten. Die Hoffnung ist nun – in Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter – Zukunft für das theater der keller und seine angeschlossene Schauspielschule wieder möglich zu machen ...
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