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Foto: Atsushi Kakefuda
Katrin Plötner

Utopie auf dem Rückzug

20. Oktober 2025

Bertha von Suttners „Die Waffen nieder“ am Theater Bonn – Prolog 10/25

Wenn Bertha von Suttner die Welt heute sähe, würde sie sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen. 136 Jahre sind seit der Veröffentlichung ihres Romans „Die Waffen nieder“ vergangen – gelernt haben die Menschen in der Zeit wenig, trotz zweier Weltkriege und zahlreicher anderer gewalttätiger Auseinandersetzungen, trotz entsetzlicher Massaker an der Zivilbevölkerung und trotz einer Flut an Bildern, die die Schrecken so sichtbar machen wie noch nie. So ist die Botschaft des Buches leider so aktuell wie eh und je. Nun hat sich Regisseurin Katrin Plötner des Stoffes angenommen und ihn für das Schauspiel Bonn in eine Bühnenfassung umgearbeitet, die am 7. November Premiere hat. Im Mittelpunkt: eine in drei Teile zerrissene Frau – und eine Utopie, die auf dem Rückzug ist.

Von Suttner war nicht nur eine der wichtigsten Figuren in der noch jungen Friedensbewegung und erste Trägerin des Friedensnobelpreises (1905), sondern auch eine ausgewiesene Feministin. „Diese beiden Aspekte haben mich in ihrer Biografie total fasziniert“, erklärt Plötner. „Sie hat unter anderem einen internationalen Gerichtshof gefordert, wollte Nationalarmeen zu Gunsten einer Weltpolizei auflösen und setzte sich für das Frauenwahlrecht und die Überwindung der Geschlechterrollen ein. Vieles davon ist inzwischen Realität geworden, aber der IGH und die UNO haben zum Beispiel nie genug Macht erhalten, um wirklich etwas zu ändern.“ Doch ist Suttners Roman mehr als nur eine Vision. Der Text erzählt das Leben der Gräfin Martha Althaus im Verlauf von vier Kriegen zwischen 1859 und 1870, die ihr zwei Ehemänner rauben und – durch die Cholera – zudem noch ihre Schwestern und ihren Bruder. „Ich finde es wichtig, dass die Handlung in der Vergangenheit spielt, weil dadurch meiner Meinung nach ein besserer Zugang zu den Figuren möglich ist“, glaubt Plötner. „Man braucht einfach die Distanz.“ Insbesondere in Szenen wie jener, in der von Suttner auf der Suche nach ihrem Gatten auf einem Schlachtfeld umherirrt. „Die Bühne gestalten wir dabei wie eine klaffende Wunde“, so Plötner – mehr möchte sie nicht verraten. Nur so viel: „Wir besetzen die Figur der Martha mit drei Schauspielerinnen, um auf diese Weise zum Beispiel auch die Innensicht zu zeigen.“

Die Waffen nieder | 7. (P), 12., 11., 28.11., 15.1. je um 19.30 Uhr | Schauspielhaus Bonn | www.theater-bonn.de

Thomas Kölsch

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