Der Abend aller Tage rückt näher. Zu Beginn der letzten Spielzeit unter Intendantin Karin Beier gibt sich am 13.10. noch einmal eine Starregisseurin die Ehre, die wir nach dem Ende der Ära Beier schmerzlich vermissen werden: Katie Mitchell bringt mit ihrem Team „Reise durch die Nacht“ von Friederike Mayröcker in der Halle Kalk zur Uraufführung. Eine nächtliche Zugfahrt, auf der die Erzählerin ihr bisheriges Leben resümiert, bildet hier den äußeren Rahmen – „nicht chronologisch und stringent wie in einer herkömmlichen Biographie, sondern fragmentarisch, traumartig, verfliegend“. Ein Stoff also wie geschaffen für das Film-Ton-Theater der Mitchell. Gleich am nächsten Abend folgt „Der Abend aller Tage“ als erste große Premiere in der Interimsspielstätte EXPO XXI. Hier lässt die Berliner Puppenspielerin Suse Wächter die Welt untergehen: „Erst bekommt Gott den Schieber von seinem iPhone nicht auf, dann stürzt ständig der Sinn ab. Ohne Sinn kann aber die Erde nicht betrieben werden. Es hilft nichts: Gott muss die Erde resetten“, so die Ankündigung der Apokalypse-Puppen-Show. Als dritte Oktober-Premiere schickt das Schauspiel am 20.10. „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann in der Regie von Karin Henkel ins Rennen. Nach der ausgepfiffenen Uraufführung 1911 avancierte die Tragikomödie zu einem der erfolgreichsten Stücke auf deutschen Bühnen, das von seiner Radikalität und Modernität bis heute nichts eingebüßt hat. Die vierte und letzte Schauspielpremiere im Oktober bestreitet am 25.10. schließlich Franz Wittenbrink mit dem Fußballliederabend „Männer“. Credo: Beim Fußball ist Mann noch Mann und zeigt janz vill Jeföhl.
Die Freie Szene startete die Spielzeit bereits im September, und so steht im Theater im Bauturm – Freies Schauspiel Köln vorrangig die Eröffnungsproduktion „Nathan der Weise“ auf dem Spielplan. Regie führte hier mit Catharina Fillers die ehemalige künstlerische Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters Ömmes und Oimel in der Comedia. Bemerkenswert in Sachen „Bauturm“ ist noch, dass Hausregisseur Rüdiger Pape mit seiner Inszenierung „Wolke 9“ für den deutschen Theaterpreis Faust nominiert war – neben Martin Kusej und Sebastian Nübling. Mehr als ein Achtungserfolg!
In der studiobühneköln finden primär Premieren Kölner Freier Ensembles statt: Am 9.10. bringt das A. TONAL. THEATER „Exit Mundi – Ein Hysterienspiel zum Weltuntergang“ nach einer Vorlage des niederländischen Wissenschaftsjournalisten Maarten Keulemans zur Uraufführung. Gefolgt vom Deutsch-Griechischen Theater am 19.10. mit der Produktion „Geldgott//Chor der Empörten“. Unter der Regie von Kostas Papakostopoulos geht es um die Empörung südeuropäischer Völker – die internationale Protestbewegung als sichtbares Zeichen nicht gekannter Unsicherheit in einem von „Banken-“ und „Schuldenkrise“ geschüttelten Europa. Antikes Drama trifft hier auf aktuelles Dokumentartheater.
Im theater der keller sind es im Oktober die Nachwuchsschauspieler der Keller-Schule, die in Feydeaus temporeicher Komödie „Floh im Ohr“ ihr Können unter Beweis stellen. Premiere ist ebenfalls am 19.10. Es gibt also viel zu entdecken im Premierenmonat XXL ...
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