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Hejo Emons
Foto: Britta Schmitz

Nah am Menschen

26. Januar 2012

Wüste Film West – Kino.Köln 02/12

1989 gründeten Stefan Schubert und Ralph Schwingel in Hamburg die Filmproduktionsfirma Wüste Film. Seit 1998 gibt es die Folgefirma Wüste Film West, der Hejo Emons als geschäftsführender Gesellschafter vorsitzt. „Emmas Glück“, „Arschkalt“ und „Ein Tick anders“ zählen zu den Produktionen. Hejo Emons leitet seit 1984 den Emons Verlag, der bevorzugt Bücher mit regionalem Bezug veröffentlicht.

choices: Herr Emons, Buchverleger und Filmproduzent – inwiefern konnten Sie bei Ihrem Einstieg ins Filmgeschäft von Ihrer Erfahrung als Verleger zehren?
Hejo Emons:
Ich habe grundsätzlich eine Affinität zum Film, so wie jeder vernünftige Mensch, wir sind ja alle mit Filmen aufgewachsen. Und von den Büchern her besitze ich ein Gespür für Stoffe und Geschichten. Das ist das Wichtigste. Trotzdem gab es natürlich viel zu lernen für mich – und so ist es bis heute geblieben.

Welche Stoffe, welche Geschichten interessieren Sie denn?
Ich habe keine Lust, Filme zu machen, in denen Architekten in schicken Wohnungen herumstehen und sich mit Werbeleuten unterhalten. Es sollten Stoffe sein, die nah am Menschen sind.

Der Emons-Verlag setzt auf Regionalbezug – inwiefern erfüllte da die Wüste Film eine Sehnsucht nach Ferne?
Die Wüste selbst ist ja auch regional, wenn man das so sehen möchte. Insofern ist alles regional. Das ist ja das Tolle an dem regionalen Konzept. Da kann man alles machen. Aber natürlich haben wir uns im Verlag auf eine engere Regionalität konzentriert. Im Bereich Film haben wir mal intensiv darüber nachgedacht, ob man nicht einen regionalen Film machen sollte. Gerade in Köln würde sich das anbieten. Also einen Film, in den man alles, was Köln ist – von Tommy Engel über Niedecken und die Höhner und Kölsch – hinein packt. Das könnte ich mir vorstellen. Aber wir haben es nie gemacht. Es gibt ja den Bayerischen Film, mit Marcus H. Rosenmüller, der gerade mit diesen bayerischen Sachen spielt und sehr erfolgreich ist. Hamburg hat Fatih Akin. Aber sonst gibt es das so nicht, weder in Berlin noch in Köln.

Die Hamburger Wüste Film gründete Folgefirmen in Berlin (Wüste Film Ost) und Köln. Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Splittung?
Neben der Möglichkeit, einfacher an Fördergelder zu kommen, geht es auch darum, vor Ort ein Ohr am Markt der Stoffe zu haben, zu wissen, was hier passiert, Ansprechpartner zu sein für junge Leute.

Köln hat noch keinen Akin oder Rosenmüller. Wo liegen die Stärken der Medienstadt?
Es entstehen immer wieder kleine schräge Filme, das finde ich gut. Durch die Internationale Filmschule Köln und die Kunsthochschule für Medien gibt es einen gewissen Output an Personal. Die machen ihre Abschlussfilme, haben dann aber oft ein Problem mit dem zweiten Film.

Woran liegt das?
Wer zahlt es? Wir produzieren in Deutschland zu viele Filme, die im Kino zu wenig Zuschauer erreichen. Der Markt ist zu voll mit Inhalten. Wenn man vernünftig wäre, müsste man sagen, wir müssen weniger Filme machen, und die, die wir machen, müssen größer sein.

Das erfordert dann umso mehr ein gutes Händchen für gute Stoffe und Geschichten…
Das Problem ist wirklich, einen guten, großen Stoff zu finden. Das ist eine Arbeit, die wir hier in Deutschland noch nicht so gut beherrschen. Da sind die Amerikaner weiter. Die entwickeln das auch anders, mit viel mehr Manpower. Das Drehbuch schreibt nicht einer, das wird von Teams geschrieben. Andererseits hätte vor zwanzig Jahren keiner gedacht, dass Deutschland so professionell wie heute Filme machen kann. Technisch und produktionstechnisch funktioniert das sehr gut. Und ich finde es auch schön, dass es diese breite Vielfalt an Nachwuchsfilmen gibt, aus denen dann irgendwann mal so ein Werk heraussticht und erfolgreich ist.

Dafür ist dann wiederum eine gewisse Menge an Ausstoß nötig.
Ja, sicher.

Was wollen die Deutschen denn für Filme gucken?
Gucken Sie sich die Zahlen an.

Na gut, außer Til Schweiger.

Es gibt doch nur Til Schweiger. Und Kinderfilme. Obwohl, „Almanya“ war zuletzt erfolgreich, und nett gemacht. Man muss auch einfach Glück haben.

Was mag denn das Publikum an Til Schweiger?
Das sind Marken. Die Leute denken: Wenn ich in Til Schweiger rein gehe, dann weiß ich, was ich kriege. Da hab ich auch kein Problem mit. Außerdem haben wir ja nicht so viele Stars. Und die Leute sind froh, dass es noch einen gibt.

Und was mögen Sie generell am Kino?
Einmal die Größe. Dann das Gemeinschaftserlebnis. Und nicht zuletzt ist jeder Kinobesuch gleichzeitig eine Erinnerung an alle anderen Kinobesuche, die man vorher gemacht hat. Das spielt ja immer mit. Das ist auch meist Nostalgie.

Interview: Hartmut Ernst

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