Donnerstag, 26. September: Noch bis zum 29. September findet in Köln bereits zum 21. Mal das Afrika Film Festival statt. Die elf Festivaltage sind auch in diesem Jahr prall gefüllt mit den unterschiedlichsten Werken afrikanischer Filmemacher:innen, die in etlichen Paneldiskussionen nach den Filmvorführungen dem Publikum auch wieder Rede und Antwort stehen. In diesem Jahr haben die Festivalmacher einen Fokus auf „Legacy“ (Vermächtnis) gelegt, bei dem filmisch auch wieder die unterschiedlichsten Aspekte abgehandelt werden können. Einer davon beschäftigt sich mit der Restitution, also mit der Rückgabe von Kunstgegenständen und kulturellen Objekten, die während der Kolonialzeit von den Europäern geraubt und in ihre Länder gebracht wurden, wo diese häufig in Museen die Neugierde des Bildungsbürgertums befriedigen. Zur Einführung des Filmabends begrüßte Moderatorin und Co-Kuratorin Jacqueline Nsiah auf der Bühne des Filmforums Nanette Snoep, die seit 2019 Direktorin des anthropologischen Rautenstrauch-Joest-Museums (RJM) in Köln ist. Snoep fasste zusammen, dass die Diskussion über Restitution in den letzten acht bis zehn Jahren wieder neu aufgekommen sei. „Es ist in dieser Hinsicht mehr passiert, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag“, erläuterte die RJM-Direktorin. In Bezug auf ihr Museum sei es so gewesen, dass die Kunstgegenstände nicht im Besitz des Museums, sondern im Besitz der Stadt Köln gewesen seien. Im Jahr 2022 habe die Stadt das Eigentum einiger Exponate beispielsweise wieder auf das Königreich Benin übertragen. Für Nanette Snoep ist es wichtig, dass Filme dieses Thema aufgreifen, um den Kampf fortzuführen. „Film ist eines der besten Medien, um ein weißes Publikum davon zu überzeugen, dass Restitution notwendig ist“, resümierte die Museumsdirektorin.
Du sollst nicht stehlen
Anschließend wurden zwei Filme projiziert, die sich auf ganz ähnliche Weise mit dem Thema Restitution afrikanischer Kunstwerke beschäftigten. Hauptfilm war Mati Diops „Dahomey“, der in diesem Jahr im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele in Berlin mit dem Hauptpreis, dem Goldenen Bären, ausgezeichnet wurde. In dem Film, der am 24. Oktober auch bundesweit regulär in den Kinos anläuft, geht es um die Rückgabe von 26 Kunstwerken (von insgesamt rund 7000!), die vom Musée du Quai-Branly in Paris an Benin (dem ehemaligen Königreich Dahomey) zurückgegeben wurden. Die Kamera begleitet deren Reise (teilweise aus subjektiver Perspektive) aus Europa über Cotonou bis nach Abomey Calavi, wo im Hörsaal der Universität junge Menschen über Restitution und Kolonialismus diskutieren und dem Publikum dabei etliche interessante neue Perspektiven eröffnen. Als Vorfilm wurde der 25minütige „The Story of Ne Kuko“ gezeigt, dessen Regisseur Festus Toll im Anschluss noch für ein Q’n’A zur Verfügung stand. Die niederländisch-kongolesische Koproduktion beschäftigt sich ebenfalls mit dem Kolonialraub afrikanischer Objekte. Toll hat dafür als Klammer die Aktionen des Aktivisten Mwazulu Diyabanza ausgewählt, der afrikanische Kunstgegenstände aus europäischen Museen stiehlt, um sie in ihre Heimat zurückzubringen. All das hält er dabei mit der Handykamera fest. Beim Publikumsgespräch erläuterte Festus Toll, dass „The Story of Ne Kuko“ als Auftragsarbeit für einen evangelikalen Fernsehsender entstand, der die zehn Gebote von zehn verschiedenen Regisseuren neu verfilmen ließ. Ursprünglich hatte Toll gedacht, dass sein Film zum 7. Gebot (Diebstahlsverbot) angelegt sei, er lief dann allerdings als Repräsentant des 10. Gebots (Begehrensverbot).
Spirituelle Kräfte der Statue
Bei seinen Recherchen hätte sich schnell ergeben, dass die Statue von Ne Kuko unter all den Objekten herausragte und deswegen in Tolls Film ebenfalls eine zentrale Rolle spielen sollte. Der Statue werden in der afrikanischen Mythologie böse Kräfte zugeschrieben, und obwohl Toll von sich selbst behauptet, nicht abergläubisch zu sein, wurde er zum Nachdenken gebracht, als sich bereits am zweiten Tag der Dreharbeiten ein schwerer Autounfall ereignete, den er und Diyabanza nur mit viel Glück überlebten. „Auch, wenn man selbst dem spirituellen Glauben nicht aufgeschlossen ist, kann man nach diesen Unfällen zumindest besser verstehen, warum er für einige Menschen so wichtig ist“, erzählte Festus Toll in Köln. Für den Regisseur sind diese Gegenstände mittlerweile mehr als Kunst, er hat nun auch deren spirituelle Kräfte erkannt und versteht, warum sie verehrt werden. Auf Nachfrage aus dem Publikum, warum er in seinem Film zwar einen christlichen Prediger, aber keine Anhänger des rituellen Glaubens zu Wort kommen ließ, erläuterte Toll, dass dies im Kongo heute als Tabu angesehen und im Verborgenen ausgeübt würde. Speziell von einer europäischen Filmcrew hätten sich diese Menschen nicht mit der Kamera filmen lassen wollen. Für Festus Toll ist die Einstellung zahlreicher europäischer Museen gegenüber der Restitution nach wie vor fragwürdig. Als Argument würde oft ins Feld geführt, dass man in Europa besser wisse als in Afrika, wie man sich angemessen um diese Gegenstände kümmern muss. Toll ist der Ansicht, dass es nur der richtigen Führungspersonen in den europäischen Museen bedürfe, damit es möglich werde, afrikanische Kunstgegenstände in nennenswerter Zahl wieder in die entsprechenden Heimatländer zurückzugeben. Der Regisseur schloss das Publikumsgespräch mit einem Wissensquiz zu seinem Film, für dessen Sieger er ein kleines Geschenk mitgebracht hatte.
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