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Roswitha Ester, Torsten Reglin
Foto: Martin Menke

Mit Herz und Humor

29. September 2012

Ester.Reglin.Film – Kino.Köln 10/12

choices: Wie weit geht Ihr kreativer Einfluss auf Ihre Filmprojekte?
Roswitha Ester:
Wir gehören definitiv zu den kreativen Produzenten. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir aus der Stoffentwicklung kommen. Damit hatten wir ursprünglich unseren Schwerpunkt in der inhaltlichen Entwicklung. Das Schöne ist, dass, dass wir jetzt die gesamte Spannbreite betreuen. Wir sind am Anfang mit dem Autor dabei, und die anderen Gewerke kommen dann phasenweise hinzu.

Entsteht bei diesem kreativen Verständnis die Verlockung, selbst einmal Drehbuch zu schreiben oder Regie zu führen?
Torsten Reglin: Für mich liegt das Reizvolle auch darin, Verantwortung abzugeben, also genau eben nicht alles machen zu müssen und zu wollen. Um damit dann den Überblick über das große Ganze zu behalten.
Roswitha Ester: Wir begleiten das Projekt und haben eine koordinierende Funktion. Dabei versuchen wir, Buch und Regie eng zu verzahnen. Mich selbst habe ich noch nicht auf dem Regiestuhl gesehen. Wenn man das insgesamt unterstützt, bedeutet das nicht, dass man das auch selbst kann. Klar, wir entwickeln Ideen. Aber es auch noch einmal etwas deutlich anderes, so etwas dann bis zum Ende auszuarbeiten. Ich habe großen Respekt davor, was die anderen Gewerke leisten.

Welchem Genre würden Sie Ihr Unternehmen zuschreiben?
Roswitha Ester: Wir landen meistens bei den Zwischenformen, in der Tragikomödie. Weil wir auch in vielen Stoffen, gerade in dramatischen Stoffen, mehr Wert sehen, wenn man noch eine andere Atmosphäre, eine andere Stimmung zulässt. Unser aktuelles Projekt, „Die Abseitsfalle“, ist eine ganz klare Tragikomödie. Das ist zwar eine sehr dramatische Grundgeschichte, die ist aber zugleich mit Herz und Humor erzählt. Und mit Situationskomik, die uns beiden sehr wichtig war, weil wir dachten, sonst erschlägt einen das dramatische Thema, auch in der Form. Wir wollen, dass die Leute sich wirklich mit dem Thema auseinander setzen, und mit einer solchen Mischform vermeiden wir Berührungsängste.
Torsten Reglin: Das trifft auch fast identisch auf unseren ersten Film, „Eines Tage“, zu, der sich mit Alzheimer beschäftigt: Eine dramatische Grundsituation, die dann aber mit einer gewissen Leichtigkeit in der Erzählung aufgefangen wird und dadurch auch den Zugang zu dem Thema erleichtert. Das war uns immer wichtig.
Roswitha Ester: Bei der „Abseitsfalle“ sind für uns auch ganz klar britische Filme ein Vorbild, die es schaffen, den Menschen auch in einem gewissen Elend ihre Würde zu belassen. Die einfach und zugleich sehr komplex erzählen.

Inwiefern ist die Fernsehstadt Köln auch Kinostadt?
Torsten Reglin: Kölns Stadtbild an sich bietet Variantenreichtum, man kann hier ohne weiteres Sachen erzählen, die eigentlich woanders spielen. Andererseits wurde durch die vielen Fernsehproduktionen auch schon viel abgefilmt, und es fällt dadurch nicht immer leicht, Drehorte zu finden, die unverbraucht sind. Produktionstechnisch gesehen findet man hier alles. Manche Dienstleistungen sind im Vergleich zu Berlin etwas teurer, weil eben der Markt auch durch Fernsehpreise bestimmt ist. Wir bekommen mit, dass viele Kreative, vor allem Schauspieler, nicht mehr schwerpunktmäßig in Köln wohnen, sondern in Berlin und München. Das ist schade. Es fehlt an der Eigenwahrnehmung einer Filmszene. Klar, man kennt sich, und hier sind viele Menschen, die Film und Fernsehen machen. Aber wenn man das mit München vergleicht, da waren wir gerade beim Filmfest, dann ist das dort eine ganz andere Filmgemeinde. Die hat sich da gefunden und ist explizit gemeinsam fürs Kino unterwegs. In Berlin ist das ähnlich. Das fehlt hier.

Woran kann das liegen? Ist Köln noch zu jung als Kinostadt?
Torsten Reglin:
Viele Jungkreative, die aus Köln abwandern, sagen, dass die Infrastruktur zum Leben in Berlin leichter, angenehmer, aufregender wäre. Berlin ist nun einmal die einzige deutsche Metropole, dadurch entsteht dort auch eine gewisse Sogwirkung. Das findet ja auch wellenförmig statt, es gab auch schon Rückzugsbewegungen.
Roswitha Ester: Wir sind gespannt was passiert, wenn Berlin seinen Nimbus als kostengünstig in Sachen Lebenshaltungskosten und Mieten verliert. Das war über viele Jahre ein klares Argument. Ich verstehe in dem Zusammenhang wiederum nicht, warum das in München funktioniert.
Torsten Reglin: Zum Arbeiten selbst ist Köln aber durchaus attraktiv. Sonst wären wir ja nicht hier.

Interview: Hartmut Ernst

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