Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
7 8 9 10 11 12 13
14 15 16 17 18 19 20

12.577 Beiträge zu
3.804 Filmen im Forum

„Lazarus“
Foto: Lucie Jansch

Hommagen an zwei Pop-Ikonen

20. März 2018

David Bowie in Düsseldorf und Hildegard Knef in Köln – Musical in NRW 04/18

Mit „Lazarus“ – eine Anspielung auf  jene Bibel-Figur, die Jesus zum Leben erweckt – hat sich David Bowie sein eigenes Requiem auf den Leib geschrieben, eine musikalisch-philosophische Meditation über seinen bevorstehenden (Krebs-)Tod. Basierend auf Walter Tevis Roman „Der Mann, der vom Himmel fiel“, entwickelten Bowie und der irische Dramatiker Enda Walsh die Figur des androgynen Außerirdischen Thomas Newton weiter, der nicht zurück kann zu seinem Heimatplaneten und nun im Fegefeuer zwischen Leben und Tod festsitzt, während seine irdischen Weggefährten altern.

Im silber-bläulich glänzenden Anzug und auf klobigen Plateau-Schuhen spielt der norwegische Sänger, Komponist und Performer Hans Petter Melø Dahl die Hauptrolle. Aber nur wenn Dahl durch das, an Science-Fiction-Filme erinnernde, imposante Bühnenbild (Volker Hintermeier) und die aufwendigen Video-Installationen (Stephan Komitsch, Roman Kuskowski) stakst und Bowies Songs anstimmt, kommt ein wenig authentische Pop-Atmosphäre auf.

Ansonsten ist es eher ein die Poesie des Sterbens beinahe krampfhaft beschwörendes, Grenzen verschwinden lassendes, Rätselspiel, zwischen Realität und wahnhaften Kopfgeburten. Eine nachvollziehbare Geschichte entwickelt sich dabei nicht. So sind die 17 wunderbaren Bowie-Songs, von denen er vier extra für das Musical komponiert hat („Lazarus“, „Killing a Little Time“, „No Plan“, „When I Met You“) und ihre kongeniale Instrumentierung durch die achtköpfige Band unter der Leitung von Heinz Hox die wirklichen Stars des  Abends, an dem das begeisterte Publikum vor allem seine eigenen Erinnerungen an eine immer unnahbar und rätselhaft erscheinende Pop-Ikone feiert.


„Für mich soll´s rote Rosen regnen“, Foto: Ariel Oscar Greíth

Auf Video-Installationen (Gudrun Barenbrock) setzt auch „Für mich soll´s rote Rosen regnen“, die erste Inszenierung des Co-Intendanten der Kölner Kammeroper an seiner neuen Wirkungsstätte in Pulheim. Aber sie verkommen in seiner liebevollen Hommage an Hildegard Knef nicht zum selbstverliebten Beiwerk, sondern erzählen ein Stück deutscher (Musik-)Geschichte. Von Hildes Nachkriegserlebnissen im zerstörten Berlin hin zum Skandal wegen ihrer sekundenkurzen Nacktszene in „Die Sünderin“ (1950), der mehr Demonstranten auf die Strasse trieb, als es später die 68er-Bewegung schaffte. Von ihrer Hollywood- und Broadway-Karriere, dem Aufstieg zur „größten Sängerin ohne Stimme“, wie Ella Fitzgerald sie einmal nannte, bis hin zu ihrem Kampf gegen den Krebs.

James Edward Lyons Libretto lässt zwei Schauspielerinnen in die Rolle des Stars schlüpfen: die 50-jährige Knef (Ulrike Johanna Jöris) trifft auf die junge Hilde (Wibke Wittig). Beide füllen ihre Figur mit jenem Charisma aus, das uns an der Knef so faszinierte. Und auch gesanglich treffen sie in den von William Ward Murta arrangierten Chansons den Knef-Ton, ohne ihn zu kopieren. Der von einer Combo der Kölner Symphoniker (Leitung: Thomas Aydintan) kongenial begleitete Abend wird so zu einem ebenso unterhaltsamen wie berührenden Erlebnis.

„Lazarus“ | Düsseldorfer Schauspielhaus | nur Restkarten | 0211 36 99 11

„Für mich soll's rote Rosen regnen“ | Fr 23.3. 19.30 Uhr, Zusatzvorstellung: 24.3. 19 Uhr, WA im Herbst | Kammeroper Köln | 02238 956 03 03

Rolf-Ruediger Hamacher

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Joker: Folie À Deux

Lesen Sie dazu auch:

Alle Jahre wieder
„Rocky Horror Show“ am Capitol Theater – Musical in NRW 06/22

Abschied von einer Diva
„Sunset Boulevard“ in Krefeld – Musical in NRW 04/22

Zwei Flops und ein Volltreffer
„Der Mann von La Mancha“ am Theater Münster – Musical in NRW 03/22

Schillernde Vielfalt
Endlich wieder Musicals auf den NRW-Bühnen – Musical in NRW 01/22

Der raue Charme des KAP1
Das FFT in Düsseldorf bezieht eine neue Spielstätte – Theater in NRW 11/21

Nur ein paar (Stepp-)Schritte vom Broadway entfernt
„Chicago“ an der Bonner Oper – Musical in NRW 10/21

Sting kann auch Musical
Deutsche Erstaufführung von „The Last Ship“ in Koblenz – Musical in NRW 09/21

Hippie-Flower-Power-Rock
„Hair“ auf Burg Wilhelmstein bei Aachen – Musical in NRW 07/21

Das Musical-Phänomen schlechthin
„The Fantasticks“ in Bad Godesberg – Musical in NRW 07/21

Von der Kunst der Improvisation
Springmaus mit „It’s My Musical!“ an der Volksbühne – Bühne 08/20

Schlager sind Trumpf
Fetzige Jukebox-Musical in Köln und Aachen – Musical in NRW 04/20

What a Feeling
„Flashdance“ – Vom Kultfilm zum Musical-Hit – Musical in NRW 03/20

Musical.

Hier erscheint die Aufforderung!