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The Neon Demon

The Neon Demon
USA, Dänemark, Frankreich 2016, Laufzeit: 117 Min., FSK 16
Regie: Nicolas Winding Refn
Darsteller: Elle Fanning, Jena Malone, Bella Heathcote, Keanu Reeves, Karl Glusman
>> www.theneondemon.de

Albtraum in Hochglanz

I Am Pretty
„The Neon Demon“
von Nicolas Winding Refn

Wir wussten es ja schon immer: Germanys Next Top Model ist Kindergarten. Und im Vergleich zu „The Neon Demon“ ist GNTM ein Ponyhof. Regisseur Nicolas Winding Refn kennt die Branche, hat Werbespots gedreht für große Modelabels. Also beschloss er, einen Film über Schönheit zu drehen. Herausgekommen ist eine abgründige, schick stilisierte Parabel über Models in Los Angeles.

Trotz aller Abgründe – Schönheit gibt es darin durchaus, und sie hat sogar einen Namen: Jesse (Elle Fanning, „Somewhere“, „Super 8“, „Trumbo“). Jesse ist 16 und gerade von ihrer kleinen Heimatstadt in Georgia nach L.A. gezogen. Vorerst lebt sie im Motel des undurchsichtigen Hank (Keanu Reeves). Schnell findet sie einen Verehrer (Karl Glusman, „Love“). Schnell freundet sie sich mit der Maskenbildnerin Ruby (Jena Malone) an. Schnell wird sie von einem Casting-Juror entdeckt, der von ihrer natürliche Schönheit fasziniert ist. Schnell zieht sie den Gram konkurrierender Models auf sich. Zugleich erwächst aus der Unschuld vom Lande eine zunehmend selbstbewusste junge Frau, die von sich behauptet: „Ich bin nicht so hilflos, wie ich aussehe!“.

Refn erzählt vornehmlich über Bilder, und die sind durchtränkt sind von Blut und Neonlicht. So wie in „Drive“, so wie in „Only God Forgives“. Zugleich findet Refns Abstraktion und Gestaltung mit “The Neon Demon” einen neuen Höhepunkt. Der Film ist nicht stylish, er ist Style. Er ist nicht designed, er ist Design. Die Bilder. Das Tempo. Der Schnitt. Die Typen. Alles. Angefangen von den schönoperierten Models bis zu den Räumen, durch die sich Jesse bewegt, vom enthobenen Fotoatelier über oszillierende Strobo-Clubs bis in die morbiden Visionen, die sich in den Kopf des Nachwuchsmodels einnisten. Ein Albtraum in Hochglanz, der bei aller Künstlichkeit dem entrückten Leben auf dem Catwalk näher kommt als jede Glamour-Doku.

Refn bewegt sich in den enthobenen kalifornischen Gefilden, für die sich Sophia Coppola in letzter Zeit vergleichbar geerdet interessiert („Somewhere“, „The Bling Ring“). Die Annäherung des Dänen an David Lynch war bereits in seinen letzten Werken spürbar. Hier wird sie konkret: Das unbefleckte Talent, das in Los Angeles landet und sich dort im Wahn- und Irrsinn der Branche verfängt, das Sex, Gewalt und Abgründen begegnet und schließlich in Zwischenwelten landet, davon hat Lynch schon vor 15 Jahren in „Mulholland Drive“ erzählt. Refn liefert dazu die Neon-Version der Zehner Jahre. Und so wie Lynch Angelo Badalamenti als Hofkomponist dauerhaft engagierte, darf Cliff Martinez auch wieder Refns Bildgestaltung musikalisch wabernd untermalen.

„The Neon Demon“ ist aufregendes Kino, cineastisches Halluzinogen. So manchem guten Film stellt man anheim, jedes seiner Bilder sei ein Gemälde. Hier ist jedes Bild eine Fotografie. Kühl, stilisiert, bestechend und in der Gesamtheit grausam schön. Die abstrakte, verstörende, schonungslose Inszenierung bleibt Geschmacksache. So wie Refns bisheriges Schaffen. Der Fan jedenfalls wird aus diesem Albtraum glücklich und erfüllt erwachen.

(Hartmut Ernst)

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