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Schande
AUS/RSA 2008, Laufzeit: 120 Min., FSK 16
Regie: Steve Jacobs
Darsteller: John Malkovich, Jessica Haines, Eriq Ebouaney, Fiona Press, Antoinette Engel

Ein südafrikanischer Professor zieht sich aufs Land zurück und wird mit den Narben der Apartheid konfrontiert.

Die Universität in Kapstadt: Mit verlorenem Blick lehrt David Lurie (John Malkovich) romantische Literatur. Der Professor ist 52 und lebt, nach zwei misslungenen Ehen, zurückgezogen und dem Schicksal ergeben. Zu Letzterem zählt er auch seine Rolle als Diener des Eros: Neben Bordellbesuchen umgarnt der charmante Professor hübsche Studentinnen. So auch die schwarze Melanie, die sich widerstrebend auf eine Affäre mit ihm einlässt. Das Verhältnis bricht ihm das Genick. Melanies Bruder macht die Sache öffentlich, David wird wegen Missbrauchs seiner Position suspendiert. Stoisch nimmt er das Urteil hin, um kurz darauf der Stadt den Rücken zu kehren und aufs Land zu seiner erwachsenen Tochter Lucy (Jessica Haines) zu fahren. Die lebt dort mit ihren Hunden auf einer kleinen Farm und verkauft ihre bescheidene Ernte auf dem Markt. Der schwarze Hilfsarbeiter Petrus (Eriq Ebouaney) geht ihr dabei zur Hand. Da werden er und seine Tochter von drei Schwarzen überfallen. Während David nach Vergeltung sinnt, fügt sich seine Tochter widerstandslos ihrem Schicksal.

Verständnislosigkeit – damit dürfte der Film auch die meisten Zuschauer entlassen, die hier ihre westlichen Wertvorstellungen verworfen sehen und deren Auffassung von Gerechtigkeit hier kaum gespiegelt werden dürfte. Gemeinsam mit David treibt Regisseur Steve Jacobs den Betrachter in eine Welt, in der Recht und Unrecht nicht nach Paragraphen unterschieden werden, sondern in der die Historie eines Landes tiefe Spuren von Schuld, Rache, Reue und eben Schande hinterlassen hat. Erst mit dem Bewusstsein der Nachapartheid, die Jahrzehnte Unterdrückung noch lang nicht überwunden hat, lässt sich Lucys Verhalten am Ende zumindest verstehen.

Der Film ist die Adaption des gleichnamigen Romans von J.M. Coetzee aus dem Jahr 1999, der darin, gespiegelt in David und Lucy, tiefe Einblicke in die Befindlichkeit vor allem der weißen Bevölkerung des heutigen Südafrikas gibt. Sobald der Professor die westlich angepasste Großstadt verlässt, stößt er auf ein ihm unbekanntes Land. Ein Land, das Steve Jacobs mit Bildern schlichter Schönheit

einfängt, hinter denen sich jedoch Abgründe verbergen.

Ein spannendes, schmerzvoll berührendes und wundervoll bebildertes Drama, das den Betrachter angenehm fordert. Und nicht zuletzt ein herausragender John-Malkovich-Film: Man möchte glauben, dass ihm die Figur des abgeklärten, aber verlorenen Intellektuellen auf den Leib geschrieben wurde – noch nie bohrte sein entrückter Blick so tief.

(Hartmut Ernst)

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