Während die Ankündigung, dass Netflix nach Deutschland kommt, vor allem Unruhe bei Amazon, iTunes und Maxdome sowie den TV-Sendern hervorrief, wartete die Kinobranche erst einmal gelassen ab. Denn im Abonnement wird es die Blockbuster zunächst nicht oder mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung geben. Mit niedrigen monatlichen Abo-Gebühren sind es vor allem Serien und alte Filme, die man sehen kann. Will man aktuelle Filme sehen, die meistens 4 Monate nach dem Kinostart verfügbar sind, bietet sich entweder eine auf 48 Stunden begrenzte zeitliche Nutzung (Pay-per-view) oder ein Download to Own (auch Electronic Sell Through, EST, genannt) mit einer unbegrenzten Nutzung an. Während das Ausleihen zwischen 4 und 6 € kostet, schlägt der virtuelle Besitz mit vergleichbaren Kosten einer DVD zu Buche. Der dritte Teil des „Hobbit“ oder ein neuer James Bond werden somit bei Herausbringung mindestens 16 € kosten.
Die auf einzelne Filmtitel spezialisierte Online-Distribution wendet sich nun auch an die Kinobranche. Das Kino hat die intensivsten Kunden, weist eine filmische Kompetenz auf und verfügt durch Webseite und Buchungsverhalten über Kunden- und Nutzungsdaten. So verblüfft es nicht, dass sowohl Filmverleiher als auch Medienunternehmen die Kinos nun in ihre Vermarktungsgedanken jenseits der Leinwand einbeziehen möchten.
So hat die Hamburger Firma Videociety mit allen großen Filmverleihern Vereinbarungen getroffen, die Video-on-Demand-Rechte selbst und als Zwischenhändler zu vertreiben. Neben der Einbettung des Players und des Filmarchivs auf der Webseite von Kinobetreibern gibt es auch die Möglichkeit des „Supertickets“. So wurde bei der Kinokette CinemaxX im letzten Dezember die so bezeichnete Kombination eines Tickets für den dritten „Hobbit“-Teil in Verbindung mit dem unmittelbaren Recht, die beiden ersten Teile und nach Ablauf des Kinofensters von 4 Monaten auch den dritten als EST zu erwerben. Für alle drei Teile wurde ein zusätzlicher Preis von ca. 20 € aufgerufen. Das Angebot ist nur mäßig gut aufgenommen worden, was auch daran liegen könnte, dass die echten Fans die ersten beiden Teile schon auf DVD hatten und dieses Medium auch für den dritten Teil bevorzugen. Auch ist der Kauf eines VoD-Films bevor man ihn gesehen hat, möglicherweise ein Hemmnis.
Einen anderen Weg geht die Firma Rushlake Media, die mit den Düsseldorfer Filmkunstkinos im Testbetrieb „Kino on Demand“ startet. Hier werden die Filme nicht verkauft, sondern eine auf 48 Stunden begrenzte Nutzung erworben. Der Kinobetreiber soll aus den vorhandenen Filmen eine speziell auf seine Zielgruppe kuratierte Auswahl vornehmen, die idealerweise im Kontext zum aktuellen Filmprogramm steht und so dem Kunden ein Mehrwert bietet.
Grundsätzlich sind beide Konzepte sowohl für Anbieter als auch Kunden reizvoll. Die Geschäftsmodelle dahinter leben aber vom Gesetz der großen Zahl, und es wird sich zeigen, ob sich das Investment der Kinos in ein neues Modell auch rechnet. Denn die Anteile aus den Miet- und Kaufumsätzen, die auf das Kino entfallen, sind im Vergleich zu den Ticketumsätzen marginal. Hier müssen etliche 10.000 Downloads pro Jahr erfolgen, damit sich ein solches Projekt trägt. Aber auch das wird der Testbetrieb zeigen müssen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Auf Identitätssuche
Die 17. Ausgabe des Filmfestivals Cinescuela in Bonn – Festival 11/25
Raus aus dem Schmuddelwetter
Tiefgründige Filme im No!vember – Vorspann 11/25
Unermüdliches Engagement für den Schnitt
„Kammerflimmern“ im Filmhaus – Foyer 10/25
„Es geht darum, Verbindung herzustellen und zu fühlen“
Zwei Fragen an Filmemacherin Laura Heinig – Portrait 10/25
Der Mensch hinter der Legende
choices Preview im Odeon Kino – Foyer 10/25
„Die wichtigste Strategie: nicht aufgeben“
Zwei Fragen an Filmemacherin Lenia Friedrich – Portrait 10/25
„Für mein Debüt bündle ich im Moment alle Kräfte“
Zwei Fragen an Filmemacherin Kim Lea Sakkal – Portrait 10/25
Preisträgern auf den Zahn fühlen
Artist Talks des Film Festival Cologne im Filmpalast - Foyer 10/25
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Der Meister des Filmplakats
Renato Casaro ist tot – Nachruf 10/25
Schritt für Schritt zum Schnitt
25. Edimotion-Festival für Filmschnitt und Montagekunst in Köln – Festival 10/25
Schnappatmung von rechts
Wenn Filme Haltung zeigen – Vorspann 10/25
Stimmen für Veränderung
„How to Build a Library“ im Filmforum – Foyer 09/25
Eine sympathische Bruderkomödie
„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
„Das Leben ist absurd, nicht der Film“
Regisseur Elmar Imanov über „Der Kuss des Grashüpfers“ – Gespräch zum Film 08/25
Jung-Bäuerinnen bei der Arbeit
„Milch ins Feuer“ im Odeon – Foyer 08/25
Gar nicht mal so stumm
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn 2025 – Festival 08/25
Drama, Baby?
Das Arthouse und der Schenkelklopfer – Vorspann 08/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25
Fortsetzung folgt nicht
Serielles Erzählen in Arthouse und Mainstream – Vorspann 06/25
Wohnen im Film
Die Reihe Filmgeschichten mit „Träumen von Räumen“ im Filmforum NRW – Filmreihe 05/25