Sie gaben vor, eine Reportage über das Glück im Iran zu machen. Serge Michel und Paolo Woods verlegten sich auf eine List, um Visa für die Einreise nach Teheran zu erhalten. Das Regime sah den Reporter und den Fotografen nicht gerne im Land. Hatten sich die beiden doch mit ihren kritischen Berichten in der Vergangenheit die Sympathien von Präsident Ahmadinedschad verscherzt. Die Täuschung funktionierte jedoch, die beiden durften einreisen. Das Ergebnis dieses Coups ist in jeder Hinsicht beeindruckend. Es zeigt ein Land, das in nichts den Klischees zu entsprechen scheint, die wir durch den täglich fließenden Nachrichtenstrom von ihm erhalten.
Im Forum für Fotografie ist jetzt unter dem Titel „Walk on my eyes“ eine Auswahl der Fotografien zu sehen, die Paolo Woods im Iran schoss. Es handelt sich um außergewöhnliche Porträtaufnahmen, die Menschen ins Bild setzen, deren Leben Serge Michel in Reportagen aus dem iranischen Alltag beschreibt. Zusammengefasst haben die beiden ihre journalistische Ausbeute in dem Band „Land des Lachens, Land der Tränen“. Es bereitet großes Vergnügen, diese Bilder anzuschauen, weil sie immer wieder zu überraschen verstehen. Lachende Menschen sieht man, die Frauen elegant gekleidet, das Kopftuch aus edler Seide nur so gerade über das Haar geworfen. Eine Zahnärztin bei der Behandlung. Der Anteil der Frauen in der Ärzteschaft überwiegt den der Männer bei weitem. Aber auch Aufnahmen von den Demonstrationen der Opposition anlässlich der gefälschten Präsidentschaftswahlen 2009 fängt Paolo Woods ein. Sie enthalten keine Hektik – aber Dramatik. Eine Frau fotografiert aus einem Taxi heraus, ihre Nase ist bandagiert. Sie fotografiert die Demonstranten und kommt selbst gerade von einer Operation. Nirgendwo werden so viele Nasenkorrekturen vorgenommen wie in Teheran. Iraner möchten sich von den Arabern unterscheiden, deren „semitische“ Herkunft man mit einer großen Nase identifiziert.
Die Konzentration in den Arbeiten von Paolo Woods – der als Sohn einer holländischen Mutter und eines kanadischen Vaters in Florenz aufwuchs – kommt in ihrer Klarheit zum Ausdruck. Die Situationen, in denen sie entstanden, sind oftmals arrangiert, dennoch besitzen die Aufnahmen eine spontane Frische. Die Menschen erscheinen auf ihnen vital und präsent, während im Hintergrund die Pracht einer Kulturnation spürbar wird.
Man sieht diesen Arbeiten an, dass sie das Ergebnis jahrelanger Recherchen sind. Woods arbeitet wie sein Kollege Nadav Kander – dessen Langzeitbeobachtungen aus China im Frühjahr im Forum zu sehen waren – für die Agentur „INSTITUTE“, die solch schwierige Projekte unterstützt. Seine Bilder tragen über den Moment hinaus. Sie enthalten eine kleine Textlegende; wenn man diese gelesen hat, beginnt man, die Fotografien wieder aus anderer Perspektive zu betrachten. Der Dialog zwischen Text und Bild gestaltet sich überaus intensiv. Man verbringt einige Zeit in dieser Ausstellung, ihre Eindrücke verlangen nach einem Gespräch, deshalb sollte man zu ihrem Besuch auch gleich eine Begleitung mitnehmen.
Aus dem Band „Land des Lachens, Land der Tränen“ (Riemann Verlag, 384 S., 20 €) wird Caroline Schreiber am 26.11. (16 Uhr) lesen. Begleitet wird sie zum Oud-Spieler Arman Sigarchi. Norbert Moos moderiert eine Diskussionsrunde, in der Mitglieder der Deutsch-Iranischen Begegnungsstätte e. V. Köln (DIWAN) über die Situation im Iran berichten.
„Walk on my eyes“ | bis 18.12., Mi.-Fr. 14-18 Uhr, Sa. 12-18 Uhr, So. 12-16 Uhr | Forum für Fotografie | Schönhauser Str. 8, Köln | Tel.: 0221 340 18 30 | www.forum-fotografie.info
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