Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

12.607 Beiträge zu
3.830 Filmen im Forum

„Schmetterling im Bauch 1“, Sarah Caillard 2025, Alkoholtinte, Ölstifte, Acrylfarbe auf Seide
Foto: Thomas Dahl

Falterflirren unter der Haut

18. August 2025

Sarah Caillard in der Galerie R;68 – Kunst 08/25

Überall Schmetterlinge. Ein stetes Steigen und Niederschweben von Flügeln ist den Besucher:innen der Galerie R;68 so gewiss wie die Erinnerung ans Vergehen und Neuentstehen. In ihrer ersten Soloausstellung „Butterfly in the stomach“ (ver)führt Sarah Caillard mit kleinformatigen Malereien und menschengroßen Skulpturen ins Zwischendasein der Metamorphose. Sowohl detailverliebt als auch mit Affinität zum Unperfekten entfaltet die französische Künstlerin das Faszinosum Leben als stete Transformation in den Räumlichkeiten der Stätte für zeitgenössische Kunst. Starr, dunkel, rau und kalt neigen sich die Körper aus Stahlbeton, lassen sich von der Gravitation herunterziehen, brechen, versinken in der Erde, nähren den Ur-Grund, während der lange Schlaf anderer Geschöpfe endet, um neuen Gestirnen gewahr zu werden. Von der scheinbar leblosen, schwerfälligen Raupe zum himmelsstürmenden, farbenprächtigen Insekt sind es bei Caillard nur wenige Schritte. Gleichzeitig straffen sich in den Innenwelten schillernde Segel: Röntgenaufnahmen erleuchten körperliche Abgründe, im Halbschlaf rotieren sie als euphorisierter Hochzeitsreigen, aus den Augen quellen ihre flüssigen Schatten, um ein Meer aus Traurigkeit zu entlassen.

Die filigranen und – unabhängig ihrer physischen Beschaffenheit – verwundbaren Arbeiten pendeln zwischen Erinnerungen und Zukunftssehnsüchten, unendlicher Identitätssuche und endlicher Auflehnung im Ringen um Zeit. Fundamente und Auskleidungen erschafft Caillard sowohl hauchzart-berauschend als auch robust mittels Alkoholtinte, Ölstiften und Acrylfarben auf Seide oder Stahlbeton, Faser, Mikroperlen, Carborundum und Harz. „Butterfly in the stomach“ ist als stille Symphonie der Psyche erdacht, die mit gedämpften Blasinstrumenten, ausklingenden Violinen, weitentfernten Pauken und einem träumenden Piano in Höhlen, Schluchten oder auf unberührten Waldlichtungen spielt.

Das versteckte Ruttkowski68 auf der Bismarckstraße eignet sich dafür als Spielort eines Kammerorchesters aus Wind, ruhigem Atem, dem Duft von aufgewühlter Erde, leicht knarrendem Holzboden, verträumtem Licht und ein wenig Gliederknirschen. Das Vermächtnis einer Vor-Existenz ist in manchen Winkeln spürbar. Zeit zu fliegen.

Sarah Caillard: Butterfly in the stomach | bis 4.10. | R;68 | www.ruttkowski68.com

Thomas Dahl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Das Kanu des Manitu

Lesen Sie dazu auch:

Letzte Ernte in Eden
Drei Kölner Ausstellungen über Natur und Kunst – Galerie 08/25

Die Kunst des Buchbindens
Der Bucheinbandwettbewerb für Auszubildende in Köln

Licht und Oberflächen
Johanna von Monkiewitsch in Sankt Peter

Rendezvous mit der Schöpfung
Das Projekt „WERKnah“ von der Künstlergemeinschaft Grevy – Kunst 07/25

Im Labyrinth des Raumes
Simon Schubert im Neusser Feld-Haus

Träume im Haferfeld
Drei Kölner Ausstellungen über Sagen und Fantasien – Galerie 07/25

Geschosse umarmen
Drei Ausstellungen in Köln erweitern das Bewusstsein – Galerie 06/25

Vom Menschen
Thomas Schütte in der Böhm Chapel in Hürth

Für die Unendlichkeit
Drei Kölner Ausstellungen zwischen Zwang und Befreiung – Kunst 05/25

Harter Stoff
Peter Buggenhout in Wuppertal – Kunst 04/25

Unverbindliche Dialoge
Drei Kölner Ausstellungen über Körper und Seele – Galerie 04/25

Im Kielwasser der Quietscheente
„Titanic – Eine immersive Reise“ in Köln – Kunst 03/25

Kunst.