Auf illegalen Downloadportalen tummeln sich große deutsche Unternehmen und schalten Werbung, fast jeder kennt jemanden, der Filme, Musik und ähnliches illegal konsumiert oder gar vertreibt – kein Wunder also, dass nun auch die Politik in eine Richtung tendiert, die durch Korrektur der Gesetze ehemals illegales legalisieren möchte.
Unter dem Motto „Offenheit, Freiheit, Teilhabe – die Chancen des Internets nutzen – den digitalen Wandel grün gestalten“ verbergen sich rund 50 Anträge zu verschiedenen netzpolitischen Themen, die die Grünen auf ihrem Parteitag im November in Kiel in einem netzpolitischen Leitantrag formuliert haben. Während der freie Zugang zum Internet allen ermöglicht und als Grundrecht verankert werden soll, was auf eine breite Zustimmung in der Gesellschaft stoßen dürfte, sind insbesondere von der Medienbranche die Anträge zu Urheberrechtsschutz, Raubkopien und die Dauer der Schutzfristen mit größter Skepsis aufgenommen und in scharfen Stellungnahmen zurückgewiesen worden. Kritiker bezeichnen den Antrag als Frontalangriff auf das Urheberrecht und die damit verbundene Wertschöpfungskette.
Der gesamte Entwurf ist vor allem einer, der die Rechte der Verbraucher stärkt, bei gleichzeitiger Reduzierung der Rechte von Urhebern und Verwertern. So sollen beispielsweise die Schutzfristen von derzeit 70 Jahre (nach dem Tod des Urhebers) auf fünf Jahre verkürzt werden. Anschließend unterliegen künstlerische Werke keinem Urheberschutz mehr, eine entgeltlose wie kommerzielle Nutzung für jeden ist damit möglich. Diese Maßnahme diene auch dazu, die Urheber schneller wieder in einen kreativen Schaffensprozess zu zwingen und sich nicht auf alten Lorbeeren auszuruhen, so eine grüne Erläuterung.
Kultur-Flatrate
Auch eine nichtkommerzielle Nutzung geschützter Werke soll künftig möglich werden. Dies bedeutet faktisch, dass künftig einmal erworbene Musikwerke, Programme oder Filme im Internet allen anderen privaten Nutzern zur Verfügung gestellt werden können. Entgelte zur Kostendeckung, die nicht der Gewinnerzielung dienen, sollen möglich sein. Im Gegenzug soll eine Kultur-Flatrate für die Nutzung des Internet bezahlt werden, die wie eine Pauschalabgabe für Speichermedien den Urhebern über Verwertungsgesellschaften zugutekommt. Sollte es aber dennoch zu illegalen und kommerziellen Nutzungen kommen, sind in dem Antrag erschwerte Bedingungen für die Bekämpfung vorgesehen.
Zahlreiche Verbände der Medienbranche (z. B. Komponisten, Verlage, Filmverleiher und Filmtheater) haben den Entwurf scharf attackiert. Denn bei den unter dem Deckmantel der Meinungs- und Informationsfreiheit geplanten Änderungen befürchten sie durch die Reduzierung der Schutzfrist, der faktischen Erlaubnis von Raubkopien und den erschwerten Maßnahmen zur Bekämpfung von Piraterie eine verheerende Wirkung für Urheber und Verwerter.
Der Antrag der Grünen ist auch in der eigenen Partei nicht ohne Widerspruch aufgenommen worden; bleibt zu hoffen, dass hier die Vernunft wieder einkehrt.
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