Es klingt trivial, ist aber entscheidend: „Esmüssen Radwege ohne Angst geschaffen werden“, ist Christoph Grothe überzeugt, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Fahrradstadt Wuppertal. Dazu zählten neben einer verbesserten Infrastruktur, wie bei so vielen großen Vorhaben, der gemeinsame Wille und die Offenheit, Neues zu wagen.Direkt vor der Haustüre werden bereits Maßnahmen durchgesetzt, mit denen die ersten kleinen Schritte in die richtige Richtung gewagt werden.
Christoph Grothe ist auch „Vater von Fienchen“, wie er sich selbst bezeichnet. Kein Vater im klassischen Sinne, sondern Gründervater der ersten Verleihplattform für Lastenräder, den Fienchens, mit derzeit fünfzehn freien Lastenrädern. Die Vereinsgründung verfolgte den Zweck, das Argument zu entkräften, dass mit dem Velo nicht alles wie mit dem Auto besorgt werden könne. Durch ein Crowdfunding konnten benanntes Transportmittel angeschafft und ebensolche Argumente aus dem Weg geschaffen werden. Denn: „Waschmaschine und kiloschwere Einkäufe? Kein Problem. Fienchen kann ordentlich beladen werden“, beschreibt Grothe ihre Tragkraft und ist überzeugt, dass mit dem Fahrrad sämtliche Wege, die im persönlichen Alltag zurückgelegt werden, erreicht werden können und somit die Vorteile ins Bewusstsein der Stadtbewohner gerückt werden. „Das Fahrrad kann fast jeder nutzen, ist klimaneutral und tut auch der Gesundheit gut.“
Politik zum Nachteil des Fahrrads
Diese Einsichten spielten allerdings in der politischen Debatte keine ausreichende Rolle – zugunsten von Autofahrern, zum Nachteil von Radfahrern. Dadurch ist eine Veränderung schwer zu erreichen. „Ohne Einschränkungen für Autos ist es kaum möglich, sichere Radwege zu schaffen. Erst wenn Autofahrer nicht mehr priorisiert werden, können sichere Wege für Radfahrer geschaffen werden“. Dafür müsse Stadt neu gesehen und geplant werden, empfiehlt er und schaut mit kritischem Blick auf die Sichtweise, die die Stadtplanung prägt.
Für ein unangenehmeres Autofahren
„Dabei wird auch die Sicherheit in Bauvorhaben und der politischen Diskussion fatalerweise meist weggelassen. Und dann wird sich gewundert, warum Straßen, die nachts schlecht beleuchtet sind oder einsam liegen, nicht genutzt werden“.Grotheerklärt, dass Sicherheit auf zwei Dingen fußt. „Radfahrer müssen als Teil des Straßenverkehrs faktisch sicher sein, zum Beispiel beim Überholen“. Dafür sprächen breitere Straßen. Aber auch die gefühlte Sicherheit sei ausschlaggebender Faktor, welcher Menschen zum Fahrradfahren motiviere oder davon absehen lasse. Außerdem müssen mehr Radwege gebaut werden und am Ende gehe es immer um Infrastruktur und den Platz auf der Straße, der komfortabel und sicher sowohl für Radfahrer als auch Fußgänger sein sollte.
Am Ende komme es auf die Summe der Maßnahmen an, die die Wege für Fahrradfahrer angenehm machen. Grothe spricht sich für eine Priorisierung der Fahrradfahrer im Straßenverkehr aus. „Das kann eine Ampelschaltung sein, die eine grüne Welle bei Regen für Radfahrer schaltet. Denn Autofahrer sind in der Regel geschützter als Menschen auf dem Rad“. Es müssen Maßnahmen für Radfahrer geschaffen werden, die das Autofahren unangenehmer machen, aber das sei schwierig umsetzbar. Immerhin gebe es kleine Veränderungen, die einen richtigen Weg einschlagen, ermutigt Grothe, beispielsweise Sanktionen gegen Gehwegparken.
VERKEHRSWEGE - Aktiv im Thema
nrw.vcd.org/der-vcd-in-nrw/koeln/arbeitskreise/wanderbaumallee | Der hiesige Landesverband des Verkehrsclub Deutschland widmet sich den Belangen von Fußgängern beispielsweise mit der Kölner Wanderbaumallee.
holidu.de/magazine/fussgaengerfreundlichsten-staedte-deutschlands | Das Reiseportal holidu hat gefragt, welche deutschen Städte am fußgängerfreundlichsten sind.
adfc.de/ | Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club gilt als „größte Interessenvertretung für Radfahrer*innen weltweit“ und widmet sich auch den Belangen von Fußgängern.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Grünes Licht für Fußverkehr
Diskussion im Haus der Architektur – Spezial 05/23
Einbahnstraße, bitte wenden!
Intro – Verkehrswege
Mercedes oder per pedes?
Lob des Zufußgehens – Teil 1: Leitartikel
„Warum sollten Fußgänger auf Autos Rücksicht nehmen?“
Stadtplaner Helge Hillnhütter über gute Fußwege – Teil 1: Interview
Für die Rechte der Fußgänger
Kölns Initiative Fuss e.V. – Teil 1: Lokale Initiativen
Vorwärts nimmer, rückwärts immer
Verkehrswende in die Vergangenheit mit der FDP – Teil 2: Leitartikel
„Es ist absurd, zu meinen, das Auto wäre alternativlos“
Architekt Philipp Oswalt über die Verkehrswende im ländlichen Raum – Teil 2: Interview
ÖPNV für alle Menschen
Die Bochumer Initiative Stadt für Alle – Teil 2: Lokale Initiativen
Bike Bike Baby
Freie Fahrt fürs Fahrrad – Teil 3: Leitartikel
„Alle wollen jetzt Radverkehrskonzepte“
Verkehrsexperte Peter Gwiasda über Radfahren in und außerhalb der Stadt – Teil 3: Interview
Das Null-Euro-Ticket
Wie kostenloser Nahverkehr funktioniert – Europa-Vorbild Luxemburg
Zu Fuß zur Gerechtigkeit
Von Bahnen, die nicht fahren – Glosse
Menschenrechte vor Dividenden
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in Köln
Etwas zurückgeben
Teil 2: Lokale Initiativen – Wuppertals Zentrum für gute Taten e.V.
Mit Oma auf die Straße
Teil 3: Lokale Initiativen – Die Bochumer Ortsgruppe der Omas gegen Rechts
Politischen Streit zulassen
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kölner Grundrechtekomitee und der Verfassungsschutz
Vertrauen in die Polizei
Teil 2: Lokale Initiativen – Projekt EQAL erforscht das Verhältnis von Stadtgesellschaft und Polizei
Die Waffen nieder
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der Deutschen Friedensgesellschaft
Wissen über KI fördern
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Kölner Wissenschaftsrunde
Dein Freund, das Handy
Teil 2: Lokale Initiativen – Forschung zur Smartphone-Nutzung in Beziehungen an der Universität Witten/Herdecke
Wer bin ich?
Teil 3: Lokale Initiativen – Johannes Wilbert begleitet Menschen bei ihrer Suche nach dem passenden Beruf
Vor Ort Großes bewirken
Der Verein Köln Agenda und die Zivilgesellschaft – Teil 1: Lokale Initiativen
Forschung von unten
Die Arbeitsgruppe Region West der Plattform Bürger schaffen Wissen – Teil 2: Lokale Initiativen
Hinschauen und handeln
Die Wuppertaler Intitiative engagiert sich gegen Rechtsextremismus und Frauenfeindlichkeit – Teil 3: Lokale Initiativen
Hass gegen die Presse
Journalistin Corinna Blümel (KJV) über Empörungskultur – Teil 1: Lokale Initiativen