Der letzte Jedi im Arthouse-Center? James Bond im Filmkunstkino? Aliens auf der niveauverwöhnten Leinwand? Zunehmend verschwimmen Grenzen in unseren Kinos, so auch zu diesem Weihnachtsfeste, wenn Luke Sykwalker in einer weit, weit entfernten Galaxis erneut der dunklen Seite entgegentritt – und das über die endlichen Weiten der Mulitplexkinos hinaus. Das ist natürlich nicht bloß dem Bedürfnis geschuldet, dass die kleinen Kinos auch ein Stück vom Kuchen abbekommen wollen. Im Gegenteil: Der dortige Einzug der Blockbuster entspricht keinesfalls einem Selbstverrat des Arthouse-Kinos, solang die großen Studios auch mal Mainstream mit Niveau liefern. Und derlei findet sich eigentlich regelmäßig, wenn man die richtigen Filmemacher ran lässt. Die Coen-Brüder oder Quentin Tarantino machen es seit geraumer Zeit vor, in jüngster Zeit bewegen sich Regisseure wie Christopher Nolan („Inception“, „Interstellar“, „Dunkirk“), Denis Villeneuve („Arrival“, „Blade Runner 2049“) oder Sam Mendes („American Beauty“, „James Bond 007: Spectre“) in filmischen Gefilden, die nicht bloß groß und laut sind, sondern auch gehaltvoll. Genau deshalb blieb zuletzt, anders als Luke Skywalker, den Star Trek-Kollegen rund um Captain Kirk der Einzug ins Arthouse-Center auch verwehrt: Da fehlte Substanz. Die wiederum bot Kathryn Bigelow mit „Detroit“, unserem Film des Monats November, der, ebenso wie der vergleichbar brisante „The Secret Man“, zu Unrecht den Einzug in unsere Kölner Filmkunstkinos verpasst hatte.
Der Kanon, nach dem sich bloß Tier-, Kinder- und Jugendfilme, inspiriertere Komödien und Dramen, oder der neue Fatih Akin die Leinwände großzügig teilen, weicht auf. Und zwar dann, wenn Genrekino die Blaupause verlässt und mehr zu erzählen hat. So in diesem Jahr etwa geschehen in „Get Out“, der vordergründig blutiger Horror ist, zugleich aber auch kluge Rassismus-Metapher. Narrativ etwas plumper, aber ebenso breit durch die unterschiedlichsten Lichtspielhäuser gefächert bewegte sich gerade erst George Clooneys „Suburbicon“. Die Formel für den gehobenen Blockbuster: genresprengend = kinosprengend. Gipfeln kann die Genrewanderung dann in Werken wie „A Ghost Story“, in dem Regisseur David Lowery ein stilles, anrührendes Drama in Form einer Geistergeschichte erzählt. Er hievt damit den starbesetzten Genrefilm am Ende ganz heraus aus der Multiplex-Landschaft und landet vor der kleinen Leinwand, wo er Ruhe ebenso spenden wie einfordern kann.
Filme sprengen Grenzen – die Lichtspielhäuser öffnen sich. Neben den Kinobetreibern aber sind es vor allem die Zuschauer, die abwägen und auswählen. Und so liebäugelt auch ein Arthouse-Publikum, das mit Bond und „Star Wars“ aufgewachsen ist, mit anregender, aber auch mal wuchtiger Zerstreuung in seinem Lieblingskino. Auch wir schätzen den anspruchsvollen Mainstream-Film und besprechen für Sie, mitunter exklusiv online, kostbare Grenzgänger. Auf die Vielfalt!
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