Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.558 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Foto: Martin Rottenkolber

Authentisches Theater

09. Januar 2023

„Hypocrites“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 01/23

Die tiefe Melodie einer Posaune und das konstante rhythmische Trommeln eines Schlagwerks schaffen eine spannungsgeladene Grundatmosphäre auf der karg gestalteten Bühne der Alten Feuerwache. Graue Gestalten bewegen sich koordiniert über die Bühne, zunächst in ihren eigenen Ablauf vertieft, bis sie sich schließlich dem Publikum zuwenden. Als choreographierte Einheit bewegt sich der 13-köpfige Bürger:innenchor der VolXbühne meist gleichzeitig und spricht gemeinschaftlich. Seine Performance spielt mit Elementen des Theaters: Er imitiert und dramatisiert, zieht die Aufmerksamkeit des Publikums, bringt zum Lachen. Es ist eine Repräsentation der Gesellschaft, in der Masken und Lügen zum Alltag gehören. Bald löst sich jedoch ein Mann (Valentin Stroh) aus ihrer Mitte. Er gibt sich als Schauspieler zu erkennen, mehrmals wiederholt er „nicht der Chor“ zu sein. Es ist wohl kein Zufall, dass es so klingt, als sei er auch nicht „d’accord“ mit ihm. Als Schauspieler sei es seine Aufgabe, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Gerade weil seine Berufsgruppe per Definition mit Künstlichkeit spielt, sei er kein Betrüger. Schließlich sei dem Publikum immer bewusst, dass er eine Rolle verkörpert.

Ist es vielleicht gerade das Theatralische, das die Bühne so ehrlich macht? Oder ist der Schauspieler nur ein Heuchler – ein „Hypokrites“, der nie weiß wovon er wirklich spricht? Das Ensemble A.tonal.theater fragt, ob Schein und Sein auf der Theaterbühne jemals zusammengeführt werden können. Dabei schwingt auch mit, dass sich die Gruppe selbst aus einer Mischung an Laien und professionellen Schauspieler:innen zusammensetzt. Ist Authentizität im Theater doch eher durch Bürger:innenrepräsentation zu schaffen? Endgültige Antworten werden hier nicht gefunden – vielmehr geben sich die Parteien einem Dialog über Lügen und Wahrheit hin, der in teils langatmige Monologe Strohs ausartet. Letztlich finden Chor und Schauspieler, versammelt um feuerrot leuchtende Neonstangen, die zu einem Lagerfeuer arrangiert werden, ein ambivalentes Ende. Durchaus sehenswert.

Hypocrites | 9., 10., 11., 12.02.23 | Alte Feuerwache | 0221 985 45 30

Franziska Nagel

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Challengers – Rivalen

Lesen Sie dazu auch:

Tennismatch der Kühe
„Mata Dora“ in Köln und Bonn – Tanz in NRW 03/24

Brautkleid aus reinster Haut
„Subcutis“ in der Alten Feuerwache Köln – Bühne 01/24

Der Atem des Films
Das Festival „Edimotion“ holt die Monteure des Films ins Rampenlicht – Festival 10/23

Kunst und Leben des Michael Biel
„Abschied von der neuen Musik?“ in Köln – Klassik am Rhein 02/23

Ambitionierte Fragen statt einfacher Lösungen
Antirassistisches Theaterprojekt „Bitter (Sweet) Home“ – Bühne 08/21

Alle inklusive
Festival „All In“ von Un-Label in der Alten Feuerwache – Festival 10/20

Fremd im eigenen Körper
Musiktheater „Jeder:Jederzeit“ von A.Tonal.Theater – Bühne 02/20

Die Todesliste der Braunkohle
„Verschwindende Orte“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 12/19

Der Blick von draußen
„Fremd 4.0“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 03/19

Alle Körper verdienen Liebe
Fach- und Aktionstag „Shake It! Tanz / Körperpolitik / Empowerment“ in der Feuerwache – Spezial 12/18

Das gerettete Kleinod
Die Alte Feuerwache: eine Perle der Freien Kultur – Kulturportät 12/18

Bis dir schwarz vor Augen wird
Die neue Produktion von Silke Z. misst die Angst aus – Tanz am Rhein 06/18

Theater am Rhein.

Hier erscheint die Aufforderung!