Paula ist Klassenbeste auf der Schule für Hauptfiguren. Sie träumt von Szenen voller Musik und großer Emotionen. Bloß keine Nebenfigur sein, wie ihre Mutter, die nur limitierte Dialoge hat und gehorsam im Hintergrund agieren muss. Schlimmer trifft es nur Fehlbesetzungen, Filmfehler oder die schwarz-weißen Outtakes, die in ständiger Gefahr leben, herausgeschnitten zu werden. Kurz vor der Abschlussprüfung erzeugt Paulas Herzmaschine aber plötzlich nur noch schief klingenden Scores, und sie muss sich auf die Suche nach ihren Wurzeln machen. Selten hat ein deutscher Film so einfallsreich und konsequent seine diegetische Prämisse einer Science-Fiction-Welt, die wie ein Filmdreh funktioniert, umgesetzt. Sophie Linnenbaums „The Ordinaries“ (Cinenova, Filmhaus, Odeon, OFF Broadway, Rex) ist ein Experiment, das in jeder Einstellung (und dazwischen) Spaß macht.
Regisseurin und Autorin Sophie Linnenbaum, Produzentin Laura Klippel und Darstellerin Denise M'Baye sind am Dienstag, 4.4. um 20 Uhr zu Gast im Odeon.
Frauke Finsterwalders neuer Film beginnt als Satire der Geschichte einer weltbekannten Kaiserin – Sisi. Doch in „Sisi & Ich“ (Cinenova, Odeon, UCI, Weisshaus) dient dieser Mythos als bloße Schablone um einen Film über Schmerz, Zuneigung und die Rückgewinnung von Kontrolle in einer patriarchalen Welt zu erzählen. Die perfekte Besetzung durch Sandra Hüller, Sophie Hutter, Maresie Riegner und Susanne Wolff als Sisi, ein grandioses Kostümbild sowie Set-Design und nicht zuletzt ein überraschender wie fantastischer Soundtrack machen diesen Film zu etwas ganz Besonderem und Neuem. Frauke Finsterwalder kreiert eine Welt zwischen Leichtigkeit und Unterdrückung, Frohsinn und Kontrolle, die einen spätestens in der zweiten Hälfte des Films einholt und zum Nachdenken anregt.
Regisseurin Frauke Finsterwalder ist am Mittwoch, 29.3. um 20 Uhr zu Gast im Odeon.
Patrice Lecontes „Maigret“ (OmU in der Bonner Kinemathek) ist ein Kriminalfilm mit hohem Nostalgiefaktor, der ganz im Sinne der Erben Georges Simenons gefertigt sein dürfte. Kommissar Maigret (Gérard Depardieu) ermittelt im Mordfall eines jungen Mädchens, das ohne Papiere erstochen in einem abgelegenen Park gefunden wird. Bei den Untersuchungen stellt sich heraus, dass sie eher bescheiden gekleidet war und ihr schickes und teures Abendkleid dabei nicht so recht ins Bild passen will. Patrice Leconte hat seinen Film in den 1950er Jahren angesiedelt, in denen sehr viele der Maigret-Geschichten spielen oder verfilmt wurden. Depardieu ist in seiner zurückgenommenen und präzisen Art eine gelungene Verkörperung für den Kommissar, wenngleich sich dieser hier bereits von seiner Genusssucht zu kurieren versucht.
Außerdem neu in den Kinos: Christphe Honorés Coming-of-Age-Drama „Der Gymnasiast“ (Filmpalette), Jonathan Goldsteins und John Francis Daleys Abenteuerspektakel „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ (Cinedom, Cineplex, Rex, UCI) und Til Schweigers spätes Vollgas-Sequel „Manta Manta: Zwoter Teil“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex, Residenz, Rex, UCI).
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