Auf einer Fähre trifft die Urologin Marianne nachts den schwulen Krankenpfleger Tor, der sich wie sie am Osloer Klinikum um Patienten mit Prostatakrebs kümmert. Was er ihr anvertraut, bringt sie zum Nachdenken: Er nutze solche Fährfahrten manchmal, um Partner für flüchtigen Sex aufzugabeln. Könnte diese unverbindliche Form von Nähe auch zu ihr besser passen als eine feste Beziehung? Obwohl Marianne drauf und dran ist, sich von einer Freundin mit einem Bekannten verkuppeln zu lassen, wird sie neugierig. Tor wiederum macht kurz darauf eine Begegnung, die ihm unerwartet nahe geht. Mit seiner Trilogie „Oslo Stories“ erkundet Dag Johan Haugerud Spielarten der Liebe angesichts vieler Freiheiten, aber auch Unsicherheiten. „Oslo Stories: Liebe“ (Cinenova, Filmpalette, Odeon, OFF Broadway, teilweise auch in OmU) liefert dazu eine feinfühlige Facette, getragen von zwei starken Darstellern.
Julia (Julia Jentsch) und Tobias (Felix Kramer) sind, wie die meisten von uns, gewohnheitsmäßige Flunkerer. Hier etwas beschönigen, da etwas verheimlichen: Für hemmungslose Ehrlichkeit ist der durchgestylte Vorzeigehaushalt des bildungsbürgerlichen Paares eine No-go-Area. Bis Teenie-Tochter Marielle seltsame telepathische Fähigkeiten entwickelt: Sie kann urplötzlich alles sehen und hören, was ihre Erzeuger den lieben langen Tag sagen und tun – und damit all die kleinen Unaufrichtigkeiten aufdecken, mit denen die Eltern ihr Alltagsgetriebe und ihre Ehe schmieren. Was diese unfreiwillige Wahrheitskur für Konsequenzen hat, rollt Autor und Regisseur Frédéric Hambalek in seiner Beziehungskomödie „Was Marielle weiß“ (Cinenova, Filmpalette, Bonner Kinemathek) herrlich pointiert und lakonisch auf. Fazit: Ehrlichkeit ist eine Medizin, die mit Vorsicht zu genießen ist.
Außerdem neu in den Kinos: das kompromisslose Flüchtlingsdrama „Xoftex“ von Noaz Deshe, das filmische Portrait „Ernest Cole: Lost and Found“ (OmU im Filmhaus, Odeon und Rex) von Raoul Peck, der Horrorthriller „Blood & Sinners“ (Cinedom, Cineplex, Rex, UCI) von Ryan Coogler, der Echtzeit-Kriegsfilm „Warfare“ (Cinedom, Cineplex, Rex, UCI, OmU im Cinenova und in den Lichtspielen Kalk) von Alex Garland und Ray Mendoza und der Dating-Gruseler „Drop – Tödliches Date“ (Cinedom, Cineplex, Rex, UCI) von Christopher Landon.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Es bleibt in der Familie
Die Filmstarts der Woche
Das Leben in seinen Facetten
Wolfgang Tillmans in Remscheid – Kunst in NRW 09/25
Eine sympathische Bruderkomödie
„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25
Morpheus Erbarmen
Sebastian Fritzsch in der Temporary Gallery – Kunst 09/25
Schreib dich frei!
„Botin“ in der Alten Versteigerungshalle auf dem Großmarkt – Theater am Rhein 09/25
Die Poesie der Sehnsucht
Young Rebel Set im Gebäude 9 – Musik 09/25
Keine Angst vor Gewittern
„Donnerfee und Blitzfee“ von Han Kang – Vorlesung 09/25
Verantwortlichkeit!
Das Jerusalem Quartet in Köln und Bonn – Klassik am Rhein 09/25
„Die Drogenszene wird sich nicht auflösen“
Jane van Well vom Sozialdienst Katholischer Männer über die Debatte um die offene Drogenszene vor der Kölner Kommunalwahl – Gleich Nebenan 09/25
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
Aus den Regionen
Teil 1: Lokale Initiativen – Das WDR-Landesstudio Köln
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
Der Vogelschiss der Stammesgeschichte
Wenn Menschenrechte gleich Lügenpresse sind – Glosse
Vater des Ethiojazz
Mulatu Astatke im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 09/25
Zusammenprall der Extreme
„Der Goldene Drache“ von Peter Eötvös am Theater Hagen – Oper in NRW 09/25
„Die Sender sind immer politisch beeinflusst“
Teil 1: Interview – Medienforscher Christoph Classen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Nicht alles glauben!
Wahlkampf NRW: Kampagne der Landesanstalt für Medien NRW – Spezial 09/25
Nicht mit Rechten reden
Der „cordon sanitaire médiatique“ gibt rechten Parteien keine Bühne – Europa-Vorbild Wallonien
Roman eines Nachgeborenen
„Buch der Gesichter“ von Marko Dinić – Literatur 09/25
Wissen in Bewegung
Das Sachbuch „Die Philosophie des Tanzens“ – Tanz in NRW 09/25
Süß und bitter ist das Erwachsenwerden
„Fliegender Wechsel“ von Barbara Trapido – Textwelten 09/25
Ohne Grenzen
74. Ausgabe der Konzertreihe Soundtrips NRW – Musik 09/25
„Was kann eine neue Männlichkeit sein?“
Nicola Schubert über ihr Stück „To #allmen“ an Groß St. Martin – Premiere 09/25
Teuer errungen
Teil 1: Leitartikel – Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss bleiben – und besser werden
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25