Ruben Östlunds neuer Film „Triangle of Sadness“ (Cinedom, Cinenova, Filmpalette, Odeon, OmU in Cinenova, Filmpalette, Metropolis, Odeon und im OFF Broadway) mutet ein wenig wie ein Episodenfilm an. Zumindest gibt es drei ästhetisch und räumlich sehr klar voneinander unterschiedene Kapitel. Dieses Triptychon wird aber von den beiden Hauptfiguren zusammengehalten: Carl (Harris Dickinson) und Yaya (das Model Charlbi Dean) arbeiten als Models und sind ein Paar. Als erfolgreiche Influencer genießen sie nach einem heftigen Restaurant-Streit kostenlos einen Trip auf einer Luxusyacht. Mit an Bord: nerdige Oligarchen, freundliche Waffenhändler und unbeholfene IT-Millionäre. Als bei einem festlichen Dinner ein Sturm aufkommt, geht es ans Eingemachte. Das Schiff kentert, und einige Wenige – darunter Carl, Yaya und Abigail (Dolly De Leon), die Chefin der Putzkolonne – landen auf einer einsamen Insel. Während der erste, autobiografisch geprägte Teil sehr realistisch und schlicht gehalten ist, entfaltet Östlund im mittleren Teil eine so deftige wie komische Satire auf Überfluss, Klassismus und die menschlichen Beziehungen, die davon nicht unbeeindruckt bleiben. Östlund sprengt hier Grenzen, wie man es aus seinem letzten, vor fünf Jahren ebenfalls, wie „Triangle of Sadness“, mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Film „The Square“ kennt, wo ein festliches Dinner von einer aus dem Ruder laufenden aggressiven Performance zerlegt wird. Der dritte Teil wird dann wieder etwas ruhiger und entfaltet ein spannendes Gedankenspiel, mit dem der Film sämtliche Ökonomien auf den Kopf stellt. Aber auch hier bedient er – wenn auch auf eine sehr spezielle Art – komödiantische Aspekte. Alleine schon das Spiel mit fragiler Männlichkeit, von Geld geprägten Machtstrukturen und moralischen Fallstricken macht einen wachen Blick hinter die grelle Oberfläche des Films lohnend.
Samson „Cioma“ Schönhaus wird 1922 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren. 1937 werden seine Eltern und die Großmutter deportiert – die Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie bewahrt Cioma noch vor dem gleichen Schicksal. Der zeichnerisch talentierte Freigeist beginnt, Pässe für im Untergrund lebende Juden zu fälschen. Und er lernt, sich inmitten der wachsenden Verhaftungswelle in Berlin durchzumogeln. Cioma Schönhaus wäre dieses Jahr hundert geworden. Bereits das episodische Dokudrama „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ erzählte 2017 von vier Juden, die im Nazi-Berlin überlebten – indem sie nicht untertauchten. Einer von ihnen: Schönhaus. Regisseurin Maggie Peren widmet sich in „Der Passfälscher“ (Cinenova) nun vollends diesem Überlebenden und stützt sich dabei auf seine Autobiografie. Ihr Ansatz: unorthodox! Denn Perens Cioma (Louis Hofman) sprüht vor Zuversicht und schelmt sich mit gefälschtem Papier und falscher Maskerade durch den braunen Sumpf der Reichshauptstadt. Mit handwerklichem Geschick, Schalk und forschem Improvisationsvermögen. Ein streitbares, ein auch deshalb gelungenes Drama.
Außerdem neu in den Kinos: Daniela Abkes Paris-Doku „Belleville. Belle et Rebelle“ (OmU im Filmhaus und Odeon), Goro Taniguchis japanischer Anime-Hit „One Piece Film: Red“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI), David Gordon Greens angebliches Michael-Myers-Finale „Halloween Ends“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI) und Caroline Orogers Animationsfilm „Meine Chaosfee & ich“ (Cinedom, Cineplex, Metropolis, Rex am Ring, UCI).
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