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Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen

Die „Nestbeschmutzerin“

07. November 2022

Die Filmstarts der Woche

Sie gilt als schwierig, nicht nur wegen ihrer Texte. Elfriede Jelinek, Österreichs erste Literaturnobelpreisträgerin, wurde in ihrem Heimatland einer beispiellosen Verleumdungskampagne ausgesetzt. Als angebliche Nestbeschmutzerin wurde sie von der Boulevardpresse durchs Land getrieben, sekundiert von einer rechtslastigen Kombo aus Waldheim, Haider und Co. Sie wählte die innere Emigration und webte sprachmächtige Texte über das Frausein und sexuelle Lust. In ihrer kunstvollen Hommage „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“ (Filmpalette, Odeon, OFF Broadway, Weisshaus) räumt Claudia Müller mit den Vorurteilen über die begnadete Schriftstellerin auf, erinnert an die Zusammenarbeit mit Einar Schleef am Burgtheater (Intendant war kein geringere als Peymann). Sandra Hüller, Sophie Rois und Maren Kroymann verlesen ihre Texte. Das weckt Interesse für die feingewebte Literatur der Jelinek.
Regisseurin Claudia Müller ist am Montag, 14.11. um 19:30 Uhr zu Gast im Odeon.

Ein Kind knabbert an einem Eimer wie an Knäckebrot. Ein Mann (Viggo Mortensen) produziert im eigenen Körper Neo-Organe, seine Assistentin (Léa Seydoux) entnimmt sie bei Autopsie-Happenings. Drum herum: Ein Nationales Organregister, Menschen ohne Schmerz, die Synthese von Evolution und technischem Fortschritt. Horror-Altmeister David Cronenberg holt in „Crimes of the Future“ (OmU im Cinenova, im OFF Broadway, in den Lichtspielen Kalk und in der Bonner Kinemathek) noch einmal aus: Sein kreativer Ansatz, nach dem er sich regelmäßig brachial mit der inneren Schönheit auseinandersetzt, erwächst hier zum Gesellschaftspolitikum: Kunst ist Schmerz! Schmerz ist Lust! Chirurgie ist der neue Sex! Auch sein neues Drama ist adrett abstoßend und intellektuell anregend zugleich. Eine philosophische, sinnliche, abgründige Dystopie, die Lust, Kunst und Schmerz neu definiert. Cronenberg bleibt einzigartig.

Die Filme von Hong Sang-soo ähneln sich oft sehr. Meist sind Frauen die Protagonistinnen. Es wird viel geredet. Und dann auch zunehmend getrunken. Und ins Kino gegangen. In seinem neuesten, während der Pandemie entstandenen Film hat er noch mehr Positionen eingenommen als sonst schon: Regie, Drehbuch, Produktion, Musik, Kamera, Schnitt – alles macht der Filmemacher selber. Und doch sind die wichtigsten Figuren seine Darsteller:innen, die in ihren langen Dialogen über ihr Leben und ihre Arbeit den Film tragen. Hier ist es die Autorin Jun-hee, die auf einer Reise die Schauspielerin Gil-soo  überredet, mit ihr einen Film zu drehen – vorbei an der verlogenen Filmbranche. „Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall“ (OmU im Rex am Ring) ist ein höchst liebevoller, lustiger und leichter Film, der im Februar bei der Berlinale den Großen Preis der Jury gewonnen hat.

Obwohl Kilian Riedhof mit seinem Politthriller „Der Fall Barschel“ und dem Geiseldrama „Gladbeck“ viele TV-Preise abgeräumt hat, wurde er vom deutschen Kino bisher ignoriert. Nun kehrt er nach dem tragikomischen „Das letzte Rennen“ mit „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ (Odeon, UCI) auf die große Leinwand zurück – und beweist, dass er sie sowohl künstlerisch, wie auch inhaltlich auszufüllen versteht. Mit einem authentisch aufspielenden und präzise geführten, französischem Cast entführt er uns auf geradezu beklemmende Art und Weise in jene Tage im November 2015, als im Pariser „Bataclan“-Club 89 Menschen einem islamistischen Terroranschlag zu Opfer fielen. Die aus einem weltweit viral gehenden Facebook-Statement entwickelte Handlung lässt dann hinter der berührenden Geschichte auch immer wieder die Hoffnung nach einer Welt ohne Hass aufblitzen.

Außerdem neu in den Kinos: Anthony Fabians Romanverfilmung „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ (Cinedom, Cinenova, Cineplex, Rex am Ring, UCI, Weisshaus), Guðmundur Arnar Guðmundssons Freundschaftsgeschichte „Beautiful Beings“ (Filmpalette), Marc Wieses Equador-Doku „Mein gestohlenes Land“ (OmU im Filmhaus, am 10.11. um 19 Uhr mit dem Regisseur), Anna Giralt Gris' Enric-Duran-Doku „Robin Bank“ (Filmpalette) und Paola Randis Kinderabenteuer „Die Legende der Weihnachtshexe“ (Cinedom, Cinenova, Rex am Ring, UCI). Bereits am Mittwoch startet Ryan Cooglers Comic-Spektakel „Black Panther: Wakanda Forever“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI, OV im Cinedom Cineplex, Metropolis, Rex am Ring, UCI).

Redaktion choices.de

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