The Amazing Spider-Man
USA 2012, Laufzeit: 136 Min., FSK 12
Regie: Marc Webb
Darsteller: Andrew Garfield, Irrfan Khan, Denis Leary, Rhys Ifans, Emma Stone
>> www.The-Amazing-Spider-Man.de
Comic-Neuverfilmung
Cinema Repeating
„The Amazing Spider-Man“ von Marc Webb
Knapp zwanzig Jahre dauerte es, bis „Superman“ Christopher Reeve 2006 von Brandon Routh abgelöst wurde. Knapp zwanzig Jahre lagen Tim Burtons „Batman“ und Christopher Nolans „The Dark Knight“ auseinander. Und nun das: Vor gerade einmal zehn Jahren initiierte Sam Raimi seine durchaus gelungene Spider-Man-Trilogie - da legt nun schon Marc Webb nach und erzählt die Story des Spinnenhelden noch einmal von vorn. Ein Reboot nach einer Dekade. Die Zeiten, so scheint es, werden auch im Kino schnelllebiger. Trotzdem erwartet man natürlich neue Impulse, neue Akzente, eine andere Gewichtung, wenn der geschasste Klassenprimus Peter Parker innerhalb so kurzer Zeit erneut von der Spinne gebissen wird. Und da reicht es nicht aus, Andrew Garfield („Alles, was wir geben mussten“), dem Nachfolger von Tobey Maguire, ein Skateboard in die Hand zu drücken und das Ganze in 3D zu inszenieren.
Alles andere nämlich kommt einem erschreckend bekannt vor, und das nicht nur in Bezug auf Raimis Trilogie, sondern in Hinblick auf das ganze Genre. Nichts an dieser Comicverfilmung erscheint innovativ, weder in Bezug auf Inszenierung noch auf Dramaturgie. Sam Raimis „Spider-Man“ von 2002 wirkt für diesen Neuaufguss wie ein einziger Spoiler: Peter Parker wird in der Schule gemobbt. Peter Parker wird von einer Laborspinne gebissen. Der Onkel predigt Verantwortung. Peter Parker trägt Mitschuld an dessen Tod. Peter Parker hegt Rachegedanken. Die bekümmerte Tante redet ihm ins Gewissen. Peter Parker verliebt sich. Peter Parker stellt sich seinem moralischen Konflikt (Verantwortung!). Peter Parker kämpft gegen einen Wissenschaftler, der, von den Geldgebern im Stich gelassen, zum Selbstversuch strebt. Peter Parkers Geliebte gerät in die Schusslinie, und so weiter und so fort. Mehr noch als unter Raimi mausert sich der anfangs zurückhaltende Held zum charmant Kick-Ass und kommentiert irgendwann jede Offensive mit einem coolen Spruch. Das ist alles irgendwie unterhaltsam. Aber dieser Film kann doch nicht ernsthaft nur für ein Mainstream-Publikum gemacht worden sein, das vor zehn Jahren noch nicht ins Kino gegangen ist und über keinen DVD-Player verfügt.
Hier und dort variiert Webb („(500) Days of Summer“) Details. So setzt seine Geschichte ein mit Parkers Kindheit. Außerdem schießt Spider-Man hier seine Fäden mechanisch aus dem Handgelenk. Und bei dem Schurken handelt es sich diesmal um Lizard, einen Doktor, der zum Reptil mutiert, eine Figur, die so ähnlich erst 2008 mit dem Echsenmonster Abomination in „Der unglaubliche Hulk“ verheizt wurde. Die Spezialeffekte sind up to date, aber nicht überbordend. Klar, der Film an sich ist ordentlich gemacht, Andrew Garfield überzeugt, trotz gelegentlichen Overactings, als Titelheld, ebenso wie Emma Stone als seine Freundin Gwen Stacy. So hätte diese Comicverfilmung ihre Berechtigung – hätte Sam Raimi sie nicht schon 2002 gedreht.
Dass es anders geht, bewies Christopher Nolans Neustart des Batman-Epos, der auf hohem Maße inspiriert eine eigene Handschrift hinterließ. Die findet dieser Neuanfang ja vielleicht in seiner Fortsetzung. Genug Potential hätte die Comicreihe von Stan Lee und Steve Ditko ja.
Nur, bitte, liebe Comicverfilmer von Super-, Bat- oder Spider-Man: Lasst euch doch mal etwas anderes als dramaturgisches Leitmotiv einfallen. Dass Macht Verantwortung einfordert und dass diejenigen, denen der Held nahe steht, besonders gefährdet sind, haben inzwischen auch die in der allerletzten Reihe verstanden.
(Hartmut Ernst)
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