Manchmal ist es gut, in der Nähe einer Toilette zu sitzen. Es gibt diese Momente im Leben, die entpuppen sich für den Beteiligten rückblickend als wegweisend. Oder – wenn man so will – als schicksalshaft. Ob Eike Herwig, Schlagzeuger der Donots, seine erste Begegnung mit Gitarrist Guido Knollmann auch als einen solchen Schicksals-Moment bezeichnen würde: emotional höchstwahrscheinlich schon. Auf irgendeiner der zahlreichen Vorabi-Partys im Jahre 1995 habe er recht alkoholisiert in der Nähe der Toiletten gesessen. Da sei dann Guido angekommen und habe ihn einfach gefragt: „Haste nicht Bock bei uns als Drummer einzusteigen?“ Wie es dann mit Eike und den Donots bis heute weitergegangen ist, wissen wir.
Zumindest oberflächlich betrachtet. Denn: Dass die fünf Freunde aus Ibbenbüren seit fast dreißig Jahren zusammen Musik machen, im Proberaum und auf Tour viel Zeit miteinander verbringen und gefühlt (und beinahe auch faktisch) jedes zweite Jahr ein neues Album an den Start bringen, sollte vielen, die Deutschlands Musikszene verfolgen, nicht entgangen sein. Und wer darüber hinaus Lust hat, die Oberfläche aufzureißen und tiefer zum Kern der Band vorzudringen, kann das Buch „Die Geschichte der Donots: Heute Pläne, morgen Konfetti“ von Kollege Ingo Neumayer analog im Buchladen um die Ecke oder digital im Netz bestellen. Und lesen. Oder sich alternativ mit Eike in einem saugemütlichen Kölner Café auf einen Latte Macchiato treffen. Bei dem holt der drahtige Mann und mittlerweile dreifache Papa die ein oder andere spitze Nadel aus seinem Nähkästchen heraus. Wenn man Glück hat. Eine davon könnte den Namen „Hart am Abgrund“ tragen. Hart am Abgrund nämlich habe die Band während der Produktion ihres Albums „Coma Chameleon“ gestanden. Alles oder nichts war damals, 2007, im Aufnahmestudio von Kurt Ebelhäuser irgendwo in einem kleinen Dorf bei Koblenz das Motto von Ingo, Guido, Alex, Jan-Dirk und Eike. „Das war retrospektiv die emotionalste Zeit für mich als Schlagzeuger, weil niemand wirklich wusste, wie es mit uns weitergehen würde“, verrät er.
Und auch wenn das Schicksal oft ein Arschloch ist: In der Endabrechnung war es den Donots wohlgesonnen. Wieder ein bisschen gewachsener also gehen sie nun mit ihrem frischen Album „Heut ist ein guter Tag“, das mittlerweile auf Platz 1 der deutschen Albumcharts gelandet ist, auf große Deutschlandtour und gastieren dafür am 27. April auch im Palladium. Rock on.
Donots | 27.4. 20 Uhr | Palladium Köln | www.palladium-koeln.de
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