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Tanzkompanie T.R.A.S.H.
Foto: Klaus Dilger

Das Innere nach außen tanzen

29. November 2012

Festival RADIKAL eröffnet mit T.R.A.S.H.

In den Niederlanden fährt der Sparkurs der Regierung wie eine Sense durch die kulturelle Landschaft. Kristel van Issum und ihre Tanzkompanie T.R.A.S.H. aus Tilburg zählen zu den wenigen Ensembles, die ihre staatliche Förderung behaupten konnten. Jetzt eröffneten die Brabanter im Kunsthaus Rhenania die vom Kölner Choreographen André Jolles veranstaltete Tanzreihe „Radikal“ mit zwei Produktionen, die das Publikum aufhorchen ließen.

Zum drängenden Sound der großartig aufspielenden Cellistin Jacqueline Hamelink prallt ein Paar mit wuchtigem Körpereinsatz aufeinander. Die Vorstellung von Lucie Petrusová und Joss Carter im Duett „T.+Bernadette“ überschreitet die Grenze vom Tanz zur Performance. Zwischen Waschmaschine und Cello begegnen sich ihr schlanker, kindlicher Körper und seine breite, über und über tätowierte Brust so vehement, dass man Angst vor Verletzungen haben muss. Männlicher Zorn begegnet einer geschmeidigen weiblichen Präsenz, die aggressive Energie wie selbstverständlich aufzulösen scheint. Mit einer inhaltlichen Motivation für dieses glühend getanzte Duett hält sich Kristel van Issum ebenso wenig auf, wie in der Solo-Choreographie „Girl29“. Auch hier gibt die Musik das Tempo mit der Stimme von Georgi Sztojanov vor, der über Gesang und Sprache die Performerin Tegest Pecht-Guido zum Tanz animiert. Die Klänge versetzen den Körper der kleinen, spannungsgeladenen Tänzerin in konvulsive Bewegungen. Kristel van Issums Tänzer wirken mitunter, als seien ihre Körper an einen Stromkreis angeschlossen.

Hier kämpft eine Frau mit inneren Dämonen, die sie ruhelos durch einen Reigen von Verwandlungen jagen. Kaum hat sie ein Kleid übergestreift, gleitet es auch schon an ihrem Körper herab. Diese Choreographien erzählen im Grunde keine Geschichten, sondern inszenieren Zustände. Die Akteure wirken getrieben, quälen sich, und scheinen unerlösbar in ihren krampfartigen Bewegungsmustern gefangen. Dramaturgie existiert im eigentlichen Sinne - ähnlich wie bei einer Performance - nicht. So brechen die Choreographien auch plötzlich ab. Eindrucksvoll sind diese wuchtigen Bewegungsdelirien, aber sie gehen auch der Herausforderung dramaturgischer Folgerichtigkeit aus dem Wege. Wenn man „Girl29“ gesehen hat, möchte man nur zu gerne wissen, wie Kristel van Issum mit komplexeren Sujets umgeht.

Bevor André Jolles am 7. 12. seine neue Produktion „BLGRD 12„ im Rahmen von „Radikal“ vorstellt, zeigt der Berliner Felix Rückert vom 30. 11. bis 2.12. eine dreitägige Performance zur Erfahrung des Hängens und Getragenwerdens, an der das Publikum teilnehmen kann.

„Tanz aus der Reihe" - Festival Radikal | 27.11.-9.12. | Kunsthaus Rhenania | Bayenstr. 28, Köln | www.687performance.de

Thomas Linden

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