Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Carmen Herrera, Ausstellungsansicht K20 Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, © Kunstsammlung NRW, Carmen Herrera
Foto: Achim Kukulies, Düsseldorf

Zwei Farben

22. Februar 2018

Carmen Herrera in Düsseldorf – Kunst in NRW 03/18

Beides ist konsequent: die Malerei von Carmen Herrera als solche und der Ort, an dem sie gezeigt wird. Vor zwei Jahren war in der Kunstsammlung NRW, dem Landesmuseum von Nordrhein-Westfalen, eine Retrospektive der US-amerikanischen Malerin Agnes Martin zu sehen: einer Künstlerin, die mit ihrer feinen Streifenmalerei erst im Alter berühmt wurde. Die aktuelle Werkschau mit Carmen Herrera schließt daran an. Auch sie malt ungegenständlich in einem konstruktiven System, das sie mit dessen Mitteln unterläuft. Carmen Herrera war länger als Agnes Martin nur Insidern bekannt. In Deutschland waren ihre Malereien erstmals 2010 in der Pfalzgalerie Kaiserslautern ausgestellt. Mittlerweile im 103. Lebensjahr, malt die aus Havanna stammende, seit 1939 in New York lebende Künstlerin nach wie vor und ist gefragt wie nie zuvor. Dabei sind ihre Bilder erstaunlich einfach. Die Farbe ist homogen und flächig aufgetragen. Kennzeichnend ist die Orientierung an der Symmetrieachse, die jedoch durch die Binnenform oder Abweichungen in der Farbigkeit relativiert wird, aber so, dass sich ein formales Gleichgewicht einstellt. Dass sie dafür – in ihren besten Werken – lediglich zwei Farben verwendet, macht einen weiteren Reiz dieser Malerei aus.

Es hilft für das Verständnis, dass die Ausstellung schon 1947 einsetzt, um den Weg der Reduktion zu verdeutlichen. Carmen Herrera hat zuvor in Brooklyn Kunst studiert; sie begegnet hier der New Yorker Avantgarde. Eine vielleicht noch wichtigere Rolle spielt ihr Aufenthalt in Paris 1948-1951, wo sie die herausragenden europäischen Künstler kennenlernt. Ihre Entscheidung für die reine Farbform-Malerei steht da, unterbrochen von einer kurzen expressiven Phase, bereits fest. Nach der Rückkehr nach Amerika rekapituliert sie die verschiedenen Spielarten der konstruktiven Kunst, die Farbfeldmalerei, die Op Art und das Hard Edge bis hin zu kantig monochromen Farbobjekten.

Verbindend ist die Abweichung vom rechten Winkel, das Arbeiten mit Schrägen, die sich oft zu Spitzen verjüngen. Die Farben sind dabei als Linien, Dreiecke oder kantig abwinkelnde Formen verschränkt, häufig im Dialog mit der Nicht-Farbe Weiß. Vorder- und Hintergrund interagieren. Positiv- und Negativform wechseln in der Wahrnehmung, und wie beiläufig und doch präzise Carmen Herrera dabei vorgeht, zeigen besonders ihre Serie „Blanco y Verde“ (1959-71) und die Folge der Wochentage (1975-78), die noch Statik und Bewegtheit in Beziehung zueinander setzen. Am Ende der Ausstellung sollte man übrigens in der Museumssammlung vorbeischauen, Dort sieht man als Erwerbung ein weiteres weiß-grünes Bild von Herrera, nun aus dem Jahr 2015, und zwar schräg gegenüber von einem ebenfalls angekauften, späten Gemälde von Agnes Martin: Auch das verbindet beide Künstlerinnen. 

Carmen Herrera: Lines of Sight | bis 8.4. | K20 Kunstsammlung NRW Düsseldorf | 0211 838 12 04

THOMAS HIRSCH

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

Lesen Sie dazu auch:

Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23

Zeitgeschichte als Skulptur
Reinhard Mucha in der Kunstsammlung NRW – Kunst in NRW 11/22

Die Fakten zu den Bildern
Marcel Odenbach in Köln und Düsseldorf – Kunst in NRW 12/21

Stille Denkfabrik im White Cube
Christoph Schlingensiefs „Kaprow City“ in Düsseldorf – kunst & gut 08/21

Ein Spiegel der Zeit
Die Absolventen der Kunstakademie in K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 03/21

Sieben Jahre
Picasso in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf – Kunst in NRW 07/20

Aus der Heimat in die Welt
Ai Weiwei in Düsseldorf – Kunst in NRW 08/19

Ein neuer Blick auf die Kunst
Eine „ex-zentrische Moderne“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/19

Realität als Kakophonie von Nichts
Die US-Amerikanerin Lutz Bacher im Düsseldorfer K21 – Kunstwandel 10/18

Im Takt
Leunora Salihu im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 07/17

Aus der Ferne sehr nah
Andreas Gursky in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/16

Verletzte Oberflächen
Alberto Burri in K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 04/16

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!