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“Trust“
Foto: Anja Reiermann

Vertrauen und Finanzen

27. Oktober 2010

Trust: global samplen, scratchen, explodieren - Theater am Rhein 11/10

Der Titel „Trust“ bringt auf den Punkt, worum es Falk Richter in seinem Text geht: Vertrauen und Finanzen. Das Stück bietet eine „Textfläche“, kaum konkrete Figuren und damit viel Raum zur Interpretation. Regisseur Max Claessen hat sich im Bauturm für drei Darsteller (Regina Welz, Jonas Baeck, Andreas Spaniol) und für das Thema „Auflösung“ entschieden: Gleiche Zeilen lassen sich in unterschiedlichen Zusammenhängen auf verschiedene Figuren projizieren. Oder die Identitäten verwischen gleich ins Abstrakte, während die Finanzwelt immer mehr Charaktereigenschaften gewinnt: Man kann ihr vertrauen, man kann ihr verzeihen, sie kann falsche Angaben machen usw. Was den positiven Nebeneffekt hat, dass so gleich das Thema „ökonomisierte Beziehungen“ mitverhandelt werden kann. Richters Text kann sehr atmosphärisch und poetisch sein oder krass klar; mal benennt er Probleme konkret, schrammt aber zeitweise gefährlich am Banalen, mal bleibt er abstrakt und wird dabei aber zeitweise beliebig; man könnte sicher 20 von rund 100 Aufführungsminuten kürzen, ohne dass die Aussage verloren ginge. Der Text bietet alles, was das Schauspielerherz begehrt: abgedrehte Monologe, Kammerspielszenen mit zwei oder drei Figuren – schließlich Passagen, in denen die immer gleichen Zeilen wie in einem Song wiederholt werden.
Das ist die Stärke der Inszenierung: Das Team setzt am Anfang zwei songartige Passagen so geschickt ineinander, dass sofort klar wird, wie verflochten Beziehungs- und Weltveränderungsthema miteinander sind. Dabei wird prima mit Worten gesamplet und gescratcht. Schwieriger sind die monologischen Passagen, die zwar engagiert und teilweise grotesk abgedreht gespielt, aber in sich kaum geformt werden: Hier wird ein Themenwechsel nicht gestaltet, dort eine Steigerung zu früh gestartet. Was sich sehen (und vor allem hören!) lassen kann, sind die Spielszenen, in denen nur die Stimme im Mikro die Schauplätze formt: Wir sehen den Golfplatz vor uns, mit Enten, Hunden und Teich. Am Ende eine gesamplete Laut-Explosion. Die Körper haben sich da bereits aufgelöst.



„Trust“ von Falk Richter I R: Max Claessen
Theater im Bauturm I 3.-6.11., 20 Uhr
www.theater-im-bauturm.de

CHRISTIANE ENKELER

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