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„Mein eigen Fleisch und Blut“
Foto: Meyer Originals

Steh‘ gerade, zieh den Bauch ein!

23. Februar 2017

„Mein eigen Fleisch und Blut“ in der Orangerie – Theater am Rhein 03/17

Geburt und Tod stehen am Anfang und Ende jeder Mutter-Tochter-Beziehung. Kleiner ist das bei Andrea Bleikamps Abend „Mein eigen Fleisch und Blut“ in der Orangerie nicht zu haben. Zu Beginn kriechen die Schauspielerin Asta Nechajute und die Tänzerin Barbara Jiminez im hautfarbenen Bodysuit und Badekappe in Fötalhaltung um einen Hochstuhl, der über Nabelschnüren mit den Wänden verbunden ist. Am Ende zitiert eine Stimme aus dem Off aus Simone de Beauvoirs „Ein sanfter Tod“ vom Sterben der Mutter. Wird der symbolische Rahmen derart gewichtig aufgespannt, sollte das darin ablaufende Leben dem auch standhalten können. Das ist leider nicht der Fall. Andrea Bleikamp spürt dem Verhältnis von Mutter und Tochter anhand persönlicher Erfahrungen nach, die sich allerdings auf allzu Bekanntes beschränken.

Da geraten Asta Nechajute und Barbara Jiminez in einen „Meine Mutter ist die allerbeste“-Wettstreit, berichten vom maternalen Erziehungs- bzw. Bevormundungsmodus („Steh‘ gerade, zieh den Bauch ein“). Sie legen sich Schürzen um und stürzen sich in eine satirische Kochshow mit Schlagermusik. Bekannte Themen, gemischte Gefühle (zumindest bei einem Mann). Die Ambivalenz der Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist zwar nicht ausgespart, so schlingt sich Barbara Jiminez in ein Tuch, in das zahlreiche Haushaltsscheren eingeknotet sind, Asta Nechajute zerschneidet ihr Kleid, Haare werden als Würgeinstrument eingesetzt, der Klavierunterricht als Disziplinierungsmaßnahme – doch die hochkomplexe Mutter-Tochter-Beziehung wird dabei nur an der Oberfläche angekratzt. Die Abgründe bürgerlicher Normalität wirken eher weichgespült, der Abend seltsam innerlich und zurückgenommen. Wie schon im ersten Teil von „Mein eigen Fleisch und Blut“ zeigt sich auch, dass der duale Ansatz für die Familientriade seine Schwächen hat. Das Verhältnis von Vätern und Söhnen ist genauso wie das von Müttern und Töchtern nur schwer vom geschlechtlichen Gegenüber bei den Eltern zu trennen. Nichts Neues an der Eltern-Kind-Front also.

„Mein eigen Fleisch und Blut, Teil 2“ | R: Andrea Bleikamp | WA im September | Orangerie Theater | 0221 952 27 08

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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