Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

12.553 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Foto: Tommy Hetzel

Zeigen und bezeugen

30. Juni 2021

„Schwarzwasser“-Film am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 07/21

Drei Deutungen eines Stücks zu liefern, das muss man erst mal leisten. Kaum hatte Schauspiel-Intendant Stefan Bachmann seine erste Interpretation von Elfriede Jelineks „Schwarzwasser“ zur Ibiza-Affäre im März letzten Jahres fertiggestellt, da zwang ihn der erste Lockdown, den Abend coronagerecht zur Installation umzuinszenieren. Der zweite Lockdown seit November machte auch das unmöglich und so musste eine neue, eine filmische Umsetzung her.

Klar, vieles kennt man, einiges nicht. So eröffnet der 60-minütige Film mit einer Techno-Szene in einem Club, bevor Peter Knaack, aufgehängt an einem Lastenkran, dem Opfertum Österreich (als erstes Opfer der Nazi-Diktatur) ein Hohelied singt und über den Tourismus salbadert. Dazwischen geschnitten wird das Reenactment des Ibiza-Setting, bei dem die FPÖ-Granden Strache und Gudenus einer fiktiven russischen Multimillionärin ihre Allmachtsphantasien offenbarten. Ilona Gründel im Lastenaufzug schließt das politische Engagement der Klimaktivisten mit Euripides „Bacchantinnen“ kurz, Tom Radisch badet in einem aufblasbaren Planschbecken und räsoniert über Flüchtlinge und Autobahnen – und vergötzt sich und seine Kumpane als wahrheitsfanatische und rechtskonforme Rechtspopulisten. Am Ende hält Jörg Ratjen im Badeanzug mit Jelinek-Perücke in einer Toilette zu Wagners „Lohengrin“-Vorspiel einen Monolog übers Zeigen, (Be-)Zeugen und Zeugnisse.

Bachmann spielt mit einer Vielzahl von filmischen Mitteln, verbindet Off-Ton mit stummen Mündern, schneidet kürzeste (Assoziations-) Szenen in die Monologe, zerstückelt Abläufe, schiebt Szenen ineinander und schafft so eine überzeugende dritte Version seiner „Schwarzwasser“-Interpretation.

Schwarzwasser | R: Stefan Bachmann | aktuell keine Termine | Schauspiel Köln | 0221 221 28240

Hans-Christoph Zimmermann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Kung Fu Panda 4

Lesen Sie dazu auch:

Flucht auf die Titanic
„Muttertier“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/24

Parolen in Druckerschwärze
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 03/24

„Es wird ein Kampf um Vormachtstellung propagiert“
Rafael Sanchez inszeniert „Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Premiere 03/24

Kaninchenbau des Hasses
„Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln

Dunkle Faszination
Franz Kafkas „Der Prozess“ am Schauspiel Köln – Auftritt 02/24

Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24

Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24

„Der Roman lässt mich empathisch werden mit einer Mörderin“
Regisseur Bastian Kraft über „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ – Premiere 01/24

Ein Martyrium der Erniedrigung
„Kim Jiyoung, geboren 1982“ am Schauspiel Köln – Auftritt 12/23

Ohne Opfer kein Krimi
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Prolog 12/23

Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23

Verliebt, verlobt, verlassen?
„Erstmal für immer“ am Schauspiel Köln – Prolog 10/23

Theater am Rhein.

Hier erscheint die Aufforderung!