„Based on a true story“ – Filme, die auf wahren Geschichten beruhen. In Australien sind solcherlei Filme äußerst beliebt. Die Videotheken dort weisen eigene Regale auf, in denen ausschließlich Filme stehen, deren Geschichten das Leben schrieb.
Der Stempel „Based on a true story“ gilt in Australien als Qualitätssiegel. Dieses Qualitätssiegel dürfen in diesem Monat gleich drei prominent besetzte Spielfilme für sich in Anspruch nehmen. So erzählt „Agora“ von der ägyptischen Gelehrten Hypatia, während „Henri 4“ von dem französischen König Henri Quatre handelt, auch wenn sich der Film über die zwei Romane Heinrich Manns der historischen Figur nähert. Dass True-Story-Filme nicht zwingend dramatisiertem Geschichtsunterricht gleichkommen müssen, demonstriert die absurde Komödie „Männer die auf Ziegen starren“. Die basiert zwar auch auf realen Personen, aber noch mehr auf einem unglaublichen Phänomen, nämlich der parapsychologischen Kriegsführung einer geheimen US-Spezialeinheit. Der Vorspann warnt entsprechend augenzwinkernd: „An dieser Geschichte ist mehr wahr, als Sie vermuten.“
Die Welt ist voller Schicksale: tragische, romantische und unglaubliche. Und wenn sie filmreif sind, greift das Kino sie auf und strickt eine Geschichte daraus – oder um sie herum. Wenn ein Film behauptet, er basiere auf der Realität, dann kann an dem Film alles wahr sein – und vieles nicht. Der Wahrheitsgehalt ist relativ, und der Zuschauer kann nicht immer differenzieren, welches Detail nun der Realität oder dem Kopf des Drehbuchautors entspringt. Dabei kann eine erfundene Episode über eine reale Person durchaus mehr über diesen Menschen aussagen als ein tatsächliches, aber uninspiriert nacherzähltes Erlebnis. Gleichermaßen kann ein Film auch rundum erfunden sein und trotzdem die Realität spiegeln. Wie zum Beispiel das Drama „Die Fremde“, das von einer jungen Türkin erzählt, die von ihrem gewalttätigen Ehemann zu ihrem in Deutschland lebenden Vater flieht, nur um dort die gleichen patriarchalischen Strukturen vorzufinden. Dieser Film fußt nicht auf einer konkreten wahren Geschichte – wohl aber auf unserer Realität.
Sogar Träume basieren auf Realität. Federico Fellini nutzte mitunter Träume als Grundlage für seine Filme. Fellinis „8 ½“ von 1963 ist durchzogen von Alpträumen, die die Versagensängste des Regisseurs spiegeln. Wenn nun mit „Nine“ ein Musical- Remake von Fellinis selbstreflexivem Werk ins Kino kommt, so ist selbst da noch ein wenig true story zu finden. Ist nicht auch ein Film, der auf einem Traum basiert, „based on a true story“?
Ist nicht jeder Film „based on a true story“? An einem Spielfilm ist immer etwas wahr – aber ein Spielfilm allein ist nie die Wahrheit. Ob mit oder ohne True-Story-Siegel. Doch nur wenn der eingangs zitierte Satz im Vorspann auftaucht, kann man sicher sein, dass die Geschichte so oder ähnlich historisch verbürgt ist. Erst ein angemessener Realitätsgehalt rechtfertigt das Qualitätssiegel. Zumindest bis 1996. Da stellten nämlich die Coen-Brüder ihrem Film „Fargo“ schalkhaft fälschlich voran, dass er auf einem wahren Kriminalfall beruhe. Deswegen steht der Film in Australien nicht im True-Story-Regal. Was soll man da noch glauben? Ach, Sie glauben nur das, was Sie sehen? Dann gehen sie lieber nicht ins Kino. Oder erst recht.
Viel Spaß bei der Wahrheitssuche,
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