Mit wütender Inbrunst singt sich Manuel Klein, im gelben Mantel mit Federkrone und Gitarre, durch das Märchen vom Eisenhans. Er zitiert James-Bond-Dialoge, lässt Shirley Basseys „Goldfinger“-Song anklingen, holt aber auch Rumpelstilzchen dazu. Ob Märchen oder Popkultur, die Gier nach Gold ist allgegenwärtig.
In der vergangenen Spielzeit hatte sich das Bonner Fringe Ensemble um Regisseur Frank Heuel in Kooperation mit dem Theater Bonn bereits mit dem Goldabbau in Burkina Faso auseinandergesetzt und dort eine Produktion entwickelt. Nun widmet man sich unter dem Titel „Lieber Gold im Mund als Porzellan im Safe“ dem westlichen Blick und der Besessenheit auf das Edelmetall. Nach einem kurzen Intro mit Christoph Columbus berichtet eine Studentin, wie ihre Mutter in der Türkei Gold gekauft habe, um es ihren Töchtern zur Hochzeit zu schenken. Das ökologisch gedachte Staudamm-Projekt eines Entwicklungshelfers wird zum Auslöser von Goldfunden und völliger Bodenerosion in Burkina. Ein Verschwörungstheoretiker gibt Tipps zum Goldkauf als Absicherung gegen Vermögensverlust, ein Rechtsanwalt berichtet von der Einlagerung eines Goldbarrens seines Mandanten.
Die Inszenierung fächert zahllose Aspekte auf, die zwar eine skurrile Nähe und Umgang mit dem als wertstabil betrachteten Edelmetall bekunden. Man erfährt auch durchaus Wissenswertes aus der Chemie. Doch so recht will sich daraus keine konzise Analyse unserer Goldgier einstellen. Und es entsteht allenfalls eine lose Verbindung zum Goldrausch in Burkina Faso. Mag sein, dass die menschliche Gier nicht struktureller zu bestimmen ist, aber der Abend wirkt bei aller Unterhaltsamkeit am Ende doch etwas willkürlich.
„Lieber Gold im Mund als Porzellan im Safe“ | R: Frank Heuel | 28.1., 6.2., 14.2. je 20 Uhr | Theater Bonn | 0228 77 80 08
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wohin die Assoziationen führen
„Treibgut des Erinnerns“ in Bonn
Geschlossene Gesellschaft
„Flight“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 01/24
Mörderische Gesellschaftsstruktur
Georg Büchners „Woyzeck“ am Bonner Schauspiel – Auftritt 01/24
Der unfassbare Gott
Oper Bonn zeigt Arnold Schönbergs „Moses und Aron“ – Oper in NRW 12/23
„Ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt“
Die Dramaturgin Stawrula Panagiotaki übernimmt die Leitung der Studiobühne – Premiere 11/23
Nicht gerade familientauglich
„Frankenstein Junior“ an der Oper Bonn – Musical in NRW 10/23
Fluch der tragischen Rache
„Rigoletto“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 10/23
Doktrin des American Dreams
„Von Mäusen und Menschen“ am Theater Bonn – Prolog 08/23
Kampf durch Klang
„Der singende Teufel“ ungekürzt an der Oper Bonn – Oper in NRW 05/23
Zäh fließt er dahin, der Rhein
Theater Bonn: „blut wie fluss“ – Theater am Rhein 04/23
Die Reste unserer Existenz
„blut wie fluss“ am Theater Bonn – Prolog 03/23
Im Labor der Altbauwohnung
„Der Haken“ am Theater Bonn – Prolog 01/23
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24
Wo ist Ich?
„Fleischmaschine“ am FWT – Theater am Rhein 02/24
Falle der Manipulation
„Das politische Theater“ am OT – Theater am Rhein 02/24
Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24
Radikaler Protest
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Theater am Rhein 01/24
Emotionale Abivalenz
„Sohn meines Vaters“ in Köln – Theater am Rhein 01/24
Übung in Demokratie
„Fulldemo.cracy“ am Studio Trafique – Theater am Rhein 01/24
Welt ohne Männer
„Bum Bum Bang“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 12/23
Was ist hinter der Tür?
„Die Wellen der Nacht …“ in der Orangerie – Theater am Rhein 12/23
Weiter mit der Show
„Von Käfern und Menschen“ am TiB – Theater am Rhein 11/23
Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23