„Ich weiß auch noch nicht, wie es aussehen wird“, sagt Lichtkünstler Michael Batz, kurz bevor er gemeinsam mit Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Dienstagabend auf den Buzzer drückt. Um kurz nach 21 Uhr erstrahlt das Rheinufer zwischen Deutzer Brücke und Zoobrücke dann in sattem Blau. Tausende Neonröhren konturieren das Stadtpanorama und reflektieren im Rhein, der Messeturm funkelt wie ein Weihnachtsbaum, die Hohenzollerbrücke leuchtet in grün-weiß-rot.
Bis zur blaue Stunde haben sie mit Medienvertretern auf der Dachterrasse des EASA-Gebäudes gewartet, um den Startknopf zu drücken. Gemeinsam mit dem Land NRW gratuliert Köln mit der Lichtkunstinstallation „Light It Up!“ der Spielemesse Gamescom zu ihrem zehnten Jubiläum. Bis zum 26. August, also während der gesamten Messe, leuchtet das Kölner Rheinufer jeden Abend mit Einbruch der Dämmerung. Nicht nur markante Objekte wie der Messeturm, der Musical Dome, das RTL-Gebäude oder die Brücken sind illuminiert, auch kleinere Gebäude sind Teil des Lichtkonzepts. Mit den Gebäudeeigentümern habe die Zusammenarbeit gut geklappt, so Batz. Die Farbwahl ist nicht zufällig: Blau ist die Farbe der Gamescom, die Farben Grün, Weiß und Rot stehen für das Land. „Das sieht ja aus wie NRW“, ruft Reker mit Blick auf die Hohenzollernbrücke beeindruckt, als die Lichter angehen.
Eine Lichtkunst-Erzählung über Kölns Panorama
Der Hamburger Lichtkünstler und Theatermacher Batz betont, man solle kein Spektakel und keine „Großraumdisco“ erwarten. Vielmehr sei sein Werk eine „Erzählung, deren Teil man als Besucher und Zuschauer der Lichtinstallation werden kann“. Als Dramaturg und Regisseur bringt er auch Theaterstücke auf die Bühne. Und tatsächlich: Ganz ungewohnt ist der Anblick zwar nicht, da das Kölnpanorama auch in anderen Nächten in vielen Farben leuchtet, durch die Lichtinstallation erhält es jedoch eine harmonische Einheit. Alles fügt sich zusammen – Formen, Lichter und Reflexionen. Und auf einmal sind auch die Baukräne, die sonst wenig zur Verschönerung Kölns beitragen, als illuminierte Objekte ein ästhetischer Teil des Stadtbildes – ein eindrucksvoller Perspektivwechsel.
Batz, der unter anderem bereits die Hamburger Speicherstadt und den Berliner Reichstag beleuchtet, sei schon immer begeistert gewesen von Kölns Panorama, es erwecke viele Assoziationen in ihm. In Köln konnte er seine bisher größte Lichtinstallation realisieren: Für „Light It Up!“ brachten 25 Techniker 15 Tage lang in teils gefährlicher Kletterarbeit mit Bergsteigerausrüstung 7000 stromsparende Leuchtstoffröhren an 50 Objekten an, verlegten dabei 10 Kilometer Kabel und schafften so 25.000 Lichtpunkte. Die Stadt Köln kostete das 50.000 Euro, das Land NRW steuerte 200.000 Euro bei.
Mit dem Lichtkunstprojekt solle auch die „Strahlkraft der weltgrößten Computerspielmesse im besten Sinne real sichtbar werden“, so Laschet. Es gebe „keinen Standort mit derselben Begeisterung und europäischen Atmosphäre“. Wollen Köln und NRW die Gamescom behalten, müssen sie weiter Überzeugungsarbeit leisten – der Vertrag mit dem ausrichtenden Branchenverband Game soll nächstes Jahr auslaufen, die Verhandlungen laufen. Ob die Lichtinstallation den Vertragspartner überzeugt, wird sich zeigen. Für die Kölner und die Messebesucher ist es zumindest ein eindrucksvolles 360-Grad-Erlebnis. Reker, die am Mittag noch ein virtuelles Steak auf der Gamescom gebraten hat, bedankt sich bei allen Beteiligten, dass „in dieser Woche Köln noch schöner leuchtet als sonst“.
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