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Icíar Bollaín im Gespräch mit Zuschauern vor dem OFF-Broadway

Keine Dämonisierung Deutschlands

24. August 2016

„El Olivo – Der Olivenbaum“ im OFF Broadway – Foyer 08/16

Dienstag, 23. August: Arne Höhne von Piffl Medien hatte seiner spanischen Regisseurin Icíar Bollaín und ihren Darstellern einiges abverlangt: Die NRW-Premiere ihres neuesten Films „El Olivo – Der Olivenbaum“ fand zu hochsommerlichen Temperaturen am gleichen Tag annähernd parallel sowohl im Kölner OFF Broadway-Kino als auch im Düsseldorfer Cinema statt. Köln war als erstes dran, weswegen die Filmemacherin und die Schauspieler hier lediglich vor der Projektion einige Fragen des Verleihers Höhne beantworteten, um im Anschluss direkt nach Düsseldorf weiterzureisen und das Publikum dort nach der Aufführung des Films zu begrüßen. Höhne erläuterte, dass er vor Jahren bereits nach einer Zusammenfassung der Story durch Drehbuchautor Paul Laverty („Sweet Sixteen“) in zwei kurzen Sätzen Feuer und Flamme für den Stoff gewesen sei: „Das war so einleuchtend und gut, dass wir das direkt machen wollten.“ Hinzu kam, dass Piffl Medien mit „Und dann der Regen – También la lluvia“ schon zuvor einen Film Bollaíns im Verleih gehabt hatten.

Die Regisseurin mit Anna Castillo, Ana Isabel Mena und Pep Ambròs

Die spanische Regisseurin und Schauspielerin und der in Indien geborene britische Drehbuchautor Paul Laverty sind auch privat schon lange ein Paar und leben seit vierzehn Jahren gemeinsam in Spanien. Dort sei Laverty in der Zeitung über die Geschichte eines vermutlich 2000 Jahre alten Olivenbaums gestoßen, der wohl noch von den Römern gepflanzt worden war und nun entwurzelt und an eine finanzstarke Firma im Norden Europas verkauft wurde. Völlig schockiert recherchierte der Autor zum Thema und entdeckte, dass so etwas hundertfach gemacht wird und regelrecht im Trend liegt. Schnell war seine Drehbuchidee zu „El Olivo – Der Olivenbaum“ gediehen. Spanische Olivenbäume werden in die ganze Welt verkauft, sogar bis nach China. Für ihren Film brauchte Icíar Bollaín allerdings einen Ort, den ihre Protagonisten mit Hilfe eines Road Movies noch gut erreichen konnten. Diesen fand sie schließlich in Deutschland, zumal es zwischen den beiden Ländern in der Vergangenheit vielfältige Beziehungen gab. Außerdem war Deutschland nicht allzu weit von Spanien entfernt, aber dennoch weit genug im Norden gelegen, dass Olivenbäume hier nicht auf natürliche Weise wachsen und dementsprechend fremd wirken würden. „In Deutschland ist es wegen der Bürokratie schwieriger als in anderen Ländern, einen solchen entwurzelten Baum wieder zurückzufordern. Aber ich bin das Ganze mit Humor und den besten Absichten angegangen. Ich wollte Deutschland mit meinem Film auf keinen Fall dämonisieren“, erläuterte die Filmemacherin ihrem Kölner Publikum. Trotz wieder hochsommerlicher Temperaturen war es den Veranstaltern gelungen, beide Säle des OFF Broadway bis auf den letzten Platz auszuverkaufen. Die Zuschauer freuten sich auch über die Anwesenheit von drei der jungen Hauptdarsteller, denen man ihre Nervosität auf sympathische Weise ansah.

Icíar Bollaín und Anna Castillo bei der Premiere

Hauptdarstellerin Anna Castillo, die im Film Alma spielt, antwortete auf Arne Höhnes Fragen zunächst auf Englisch, ging aber schnell zum Spanischen über, als sie merkte, dass sie sich ansonsten nicht so flüssig ausdrücken konnte, wie sie wollte. Ihre in Deutschland beheimatete Kollegin Ana Isabel Mena fungierte dann gerne als Dolmetscherin ins Englische beziehungsweise Deutsche. Castillo reizte an ihrer Figur vor allen Dingen deren Widersprüchlichkeiten, denn Alma sei eine tapfere und mutige Frau, gleichzeitig aber auch sehr liebevoll und sensibel. Ähnlich äußerte sich Castillos Co-Star Pep Ambròs, dessen Figur Rafa ein eher schüchterner Typ ist. „Das war ziemlich neu für mich, denn bisher habe ich eher harte oder skrupellose Rollen gespielt. Diese Abwechslung fand ich toll, und Icíar zeigte mir, wie ich Rafas Charakter für mich erschließen konnte, ohne dabei allzu viele Worte zu verlieren.“ Ambròs sagte auf der Premiere auch, dass es seiner Meinung nach Bollaín mit ihrem Film gelungen sei, die unterschiedlichsten Themen anzusprechen und beispielsweise auch die aktuelle Lage in Spanien einfließen zu lassen. Durch die liebenswerten Charaktere gelänge es dem Publikum auch spielerisch, sich in die Geschichte emotional hineinzuversetzen.

Text/Fotos: Frank Brenner

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