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Foto: Rettet den Regenwald e.V. / Karl Ammann

Kein Dialog mit Bayer

01. Februar 2010

Philipp Mimkes über Chemie-Gefahren und Greenwashing - Thema 02/10

choices: Herr Mimkes, was macht Bayer gefährlich?
Philipp Mimkes:
Beispielsweise setzt Bayer in der Kunststoff-Produktion jährlich Tausende Tonnen Phosgen ein. Phosgen wurde im 1.Weltkrieg als Kampfgas verwendet. Auch das Giftgas MIC, durch das nach der Chemiekatastrophe 1984 im indischen Bhopal Tausende Menschen starben, wird bei Bayer in großen Mengen eingesetzt. Bei uns in der Region droht noch immer die Inbetriebnahme der Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Köln-Worringen und Krefeld. Kohlenmonoxid ist ein hochgefährliches Gas, das bislang nur dort hergestellt wurde, wo es auch verbraucht wird. Wir hoffen, diesen Präzedenzfall mit Hilfe der Gerichte noch zu stoppen.

Wie sieht es bei den Produkten aus?
Im Pharmabereich gibt es Präparate, die mehr Schaden als Nutzen bringen – ich denke da aktuell an das bei Herzoperationen eingesetzte Trasylol, das mit Tausenden von Todesfällen in Verbindung gebracht wird.

Kurz vor Kopenhagen hat sich Bayer noch einmal öffentlich zum Klimaschutz bekannt.
Der jährliche CO2-Ausstoß der Firma ist mit rund 8 Mio. Tonnen unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 auch nicht nennenswert sinken. Emissionen in dieser Höhe sind mit einem wirksamen Klimaschutz unvereinbar. Die von Bayer nun angekündigten Beiträge zum Klimaschutz sind Augenwischerei, so lange sich der Konzern am Bau neuer Kohlekraftwerke beteiligen will. Wir fordern von Bayer ein breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um 80% bis 2050.

Bayer behauptete noch 2007, den Ausstoß klimaaktiver Gase in den vergangenen 15 Jahren um 70% reduziert zu haben.
Dies war ein klarer Fall von Täuschung. In die Rechnung sind Verkäufe von Tochterfirmen und die Ausgliederung der Energieversorgung eingeflossen – also bilanzielle Umbuchungen, die nichts mit Klimaschutz zu tun haben. Eine unserer Kampagnen führte dazu, dass Bayer die Behauptung fallen lassen musste.

Bayer bekennt sich offiziell zum nachhaltigen Wirtschaften – von den Rohstoffen über die Logistik bis zur Produktion...
Bayer bekennt sich zu vielem, u.a. zum Global Compact mit den Vereinten Nationen. Bei der Auswahl der Partner aus der Wirtschaft verzichten die UN aber auf jegliche Messlatte. Auch nach der Unterzeichnung durch das jeweilige Unternehmen erfolgt keinerlei Überprüfung der Einhaltung der Prinzipien oder der Musterprojekte - sämtliche Übereinkünfte sind unverbindlich. Ohne verbindliche Regeln und intensive Kontrollen bringen solche freiwilligen Maßnahmen nichts.

In Brasilien unterstützt Bayer Projekte gegen die Kinderarbeit, geht in Armenviertel und hilft bei der Gesundheitsvorsorge.
Wir bezeichnen solche Projekte als „greenwashing“. Meist handelt es sich um Maßnahmen, die für wenig Geld viel Publicity bringen. Letztlich wird damit eher Schaden angerichtet, denn mit Hilfe solcher Musterprojekte gelingt es dem Unternehmen, Probleme in anderen Bereichen zu überdecken. Denn zugleich vertreibt Bayer in Brasilien Pestizide der höchsten Gefahrenklasse, die in Europa längst vom Markt genommen wurden. Auch im Pharmabereich wurden in Brasilien über Jahrzehnte hinweg gefährliche Präparate verkauft, z. B. „aspirina infantil“ speziell für Kinder und Babys, obwohl damit das hochgefährliche Reye-Syndrom ausgelöst werden kann. Auch dies ist ein Beispiel für doppelte Standards, denn bei uns wird Kinder-Aspirin schon lange nicht mehr verkauft.

Sie beobachten Bayer nun seit über 30 Jahren. Hat das Unternehmen dazugelernt?
Natürlich sind immer wieder gefährliche Produkte vom Markt genommen worden. Auch die Emissionen sind in den meisten Bereichen gesunken. Die Verbesserungen wurden aber selten freiwillig durchgeführt. Sie gehen fast immer auf öffentlichen Druck zurück. Einen wirklichen Lerneffekt gibt es im PR-Bereich, der immer weiter perfektioniert wurde – bis zu vorgefertigten Artikeln und Radiobeiträgen.

Sind Sie denn mit Bayer in einen Dialog gekommen?
Nein, das Unternehmen verweigert sich jedem Dialog. Wobei wir auch zu keinen Hinterzimmer-Gesprächen bereit wären. Wir fordern von Bayer Transparenz, von daher müssten auch die Inhalte solcher Gespräche veröffentlicht werden.

Bayer steht nach eigenen Angaben im Dialog mit vielen NGOs.
Was Bayer Dialog nennt, ist meist nur PR. Tatsächlich hat Bayer zum Beispiel in Kopenhagen über zahlreiche Lobbyorganisationen versucht, substanzielle Beschlüsse zu verhindern. So bemühte sich etwa Croplife, der Verband der Pestizidhersteller, verbindliche Auflagen zur CO2-Reduzierung in der Landwirtschaft abzuwenden.

Ihre Kampagnen zielten bislang auf Bayer. Haben Sie auch die Bayer-Ausgliederung Lanxess im Blick?
Wir sind mit Bayer mehr als ausgelastet, daher können wir uns nicht intensiv um Lanxess kümmern. Bayer und Lanxess sind aber nach wie vor eng miteinander verbunden, zum Beispiel über die gemeinsame Tochterfirma Currenta, die das in Krefeld geplante Steinkohlekraftwerk betreiben soll. Die jährlichen Kohlendioxid-Emissionen allein dieses Kraftwerks würden bei 4,3 Millionen Tonnen liegen – mehr als zehnmal so hoch wie die von Bayer angekündigten Effizienzgewinne. Im Bayer-Werk Antwerpen will e.on ebenfalls ein solches mit Importkohle befeuertes Kraftwerk bauen. Wegen der gravierenden Umweltauswirkungen hat die Stadt Antwerpen hierfür, zumindest vorerst, keine Genehmigung erteilt.

PETER HANEMANN/WOLFGANG HIPPE

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