Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.557 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Foto: Krafft Angerer

Hüpfburg der Verdammten

25. Oktober 2018

„Drei Schwestern“ im Depot 1 – Theater am Rhein 11/18

Nach der Pause ist die Luft raus: Zum einen aus der riesigen Luftmatratze, die die Bühne im ersten Teil bedeckt und das Ensemble zu slapstickhaften Turnereien und Balgereien einlädt. Zum anderen aus der Inszenierung von Pinar Karabulut; denn was in ihrer Version von Anton Tschechows „Drei Schwestern“ sportlich und pfiffig als vorgangsreiches Theater beginnt, endet in einem bis auf den Nullpunkt reduzierten Abend. Und der nervt leider mit seinem Formalismus, den Robotermenschen – die allerdings astrein choreografiert sind – und mit der ewiggleichen, in etlichen Inszenierungen schon tausendmal gehörten Theater-Elektro-Bum-Bum-Musik ziemlich.

Wie so viele unserer Zeitgenossen stecken Tschechows drei Schwestern zwischen verklärter Vergangenheit und strahlender Zukunft in der Klemme. Ihr Leben ist so leer wie die russische Provinz weit ist. Tagein, tagaus leben und plappern sie vor sich her. Das ewig wiederholte Mantra: „Nach Moskau!“ verkommt zur Leerformel. Doch wer sein Leben nicht lebt, darf sich nicht wundern, wenn das Leben sie überlebt.

Dabei ist die Comic-Ästhetik der drei Schwestern ein Fest: Irina (Katharina Schmalenberg) in weißem Kleid mit quietschoranger Steppjacke, Mascha (Yvonne Jansen) wahlweise in bodenlangem Schlafsack oder dem knappen Lack-und-Leder-Schwarzen oder Olga (Susanne Wolff), die wie eine Mischung aus Cartman und Obelix wirkt. Nur wissen sie nicht „wofür wir leben, wofür wir leiden“. Am Ende heißt es auf einer riesigen LED-Wand: „Error 404“ – gnadenloser kann man die Herausforderung eines gottverlassenen Lebens nicht auf den Punkt bringen.

„Drei Schwestern“ | R: Pinar Karabulut | 28.10. 16 Uhr, 7., 16.11. 19.30 Uhr | Schauspiel Köln | 0221 221 28400

BERNHARD KREBS

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Civil War

Lesen Sie dazu auch:

Flucht auf die Titanic
„Muttertier“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/24

Parolen in Druckerschwärze
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 03/24

„Es wird ein Kampf um Vormachtstellung propagiert“
Rafael Sanchez inszeniert „Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Premiere 03/24

Dunkle Faszination
Franz Kafkas „Der Prozess“ am Schauspiel Köln – Auftritt 02/24

Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24

Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24

„Der Roman lässt mich empathisch werden mit einer Mörderin“
Regisseur Bastian Kraft über „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ – Premiere 01/24

Ein Martyrium der Erniedrigung
„Kim Jiyoung, geboren 1982“ am Schauspiel Köln – Auftritt 12/23

Ohne Opfer kein Krimi
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Prolog 12/23

Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23

Verliebt, verlobt, verlassen?
„Erstmal für immer“ am Schauspiel Köln – Prolog 10/23

Des Königs Tod und des Müllers Beitrag
„Yazgerds Tod“ am Schauspiel Köln – Auftritt 10/23

Theater am Rhein.

Hier erscheint die Aufforderung!