11.05.11 - „Ich bin froh, dass Dortmund Meister geworden ist.“ So sprach Jupp Heynckes am Samstag vor einer Woche, nachdem die Meisterschaft für den BVB feststand. Ein bisschen zu viel an Glückwünschen für einen direkten Konkurrenten, fanden manche in Leverkusen. Und nach dem Heimspiel gegen Hamburg am letzten Wochenende herrschte endgültig dicke Luft. Nur Unentschieden, Platz Zwei und damit die direkte Qualifikation für die Champions League (CL) immer noch nicht gesichert. Außerdem saß Ballack zunächst wieder auf der Bank und es dauerte nicht lange, bis „Michael Ballack“- und „Heynckes raus!“-Rufe von den Bayer-Fans zu vernehmen waren – auf die Heynckes seinerseits nach Spielschluss mit Fan-Schelte reagierte.
Bekommt dass in dieser Saison ohnehin im roten Bereich rotierende Trainerkarussell jetzt noch eine weitere Drehung? Die Ausgangslage vor dem letzten Spieltag hätte man schöner nicht erfinden können. Leverkusen tritt in Freiburg an – bei seinem zukünftigen Trainer Robin Dutt. Der jetzige trainiert in der nächsten Saison Bayern München – die drei Punkte hinter Leverkusen liegen und auch gerne auf direktem Weg an die CL-Fleischtöpfe gelangen würden.
Mit anderen Worten: Der Trainer von Leverkusen muss insgeheim hoffen, dass seine Noch-Mannschaft verliert, damit er nächstes Jahr mit seinem neuen Verein Bayern garantiert in der Königsklasse spielt. Der Trainer von Freiburg muss aber auch insgeheim hoffen, dass seine Noch-Mannschaft verliert, damit er nächstes Jahr mit seinem neuen Verein Leverkusen garantiert in der Königsklasse spielt. Also sozusagen eine “lose-lose-situation“. Oder um es mit Kierkegaardscher Alternativlosigkeit auszudrücken: Gewinne, du wirst es bereuen; gewinne nicht, du wirst es auch bereuen. Was für eine prächtige Vorlage für ein absurdes Theaterstück.
Eigentlich wäre es nur konsequent, in dieser Situation die Trainer zu tauschen. Wer würde ernsthaft den Standardphrasen Glauben schenken, man gebe bis Vertragsende „100 Prozent für den Verein“ und konzentriere sich „nur auf das nächste Spiel“? Geht die Sache am nächsten Samstag nach überschaubaren Offensivbemühungen der Freiburger mit einem schiedlich-friedlichen Unentschieden aus, wird nachher von einem „Nichtangriffspakt“ geredet und an die „Schande von Gijon“ erinnert. Verliert Bayer, womöglich sogar noch durch ein Eigentor, werden sie in Leverkusen endgültig am Schicksal verzweifeln. Denn das hatten wir ja auch alles schon mal: In der Saison 1999/2000 hätte Bayer am letzten Spieltag ein Punkt in Unterhaching gereicht, um Meister zu werden. Doch dann unterlief Ballack ein Eigentor, und am Ende verlor Leverkusen 0:2 ... unterliefe diesmal Vidal ein Eigentor, und spielte der in der kommenden Saison entgegen aller anderslautenden Meldungen doch in München, hätten wir unter Garantie eine Verschwörungstheorie mehr.
Es gäbe jedoch eine einfache Möglichkeit, allem Geargwöhne und Geraune von vornherein die Grundlage zu entziehen: Statt Dutt und Heynckes tauschen einfach Dutt und Daum für ein Spiel die Trainerposten. Dann hieße die Ansetzung Heynckes vs. Daum. Und gegen den wird Heynckes auf keinen Fall verlieren wollen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Ein letzter Gruß
Das Hagen Quartett verabschiedet sich vom Kölner Publikum – Klassik am Rhein 11/25
Ein vergessener Streik
„Baha und die wilden 70er“ am Kölner Comedia Theater – Musical in NRW
Wachsende Szene
Das 5. Festival Zeit für Zirkus startet in NRW – Tanz in NRW 11/25
Liebe gegen alle Widerstände
„Roméo et Juliette“ in Krefeld – Oper in NRW 11/25
Singende Fische
„Die Frau ohne Schatten“ am Theater Bonn – Oper in NRW 11/25
Über Macht und Identität
Die Herner Tage Alter Musik 2025 – Klassik an der Ruhr 11/25
Die Geschichten in einem Bild
Gregory Crewdson im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 11/25
Motor mit edlem Klang
Dave Holland in der Essener Philharmonie – Improvisierte Musik in NRW 11/25
Angenehm falsch
„Wiener Blut“ am Essener Aalto-Theater – Oper in NRW 10/25
Offene Erwartungen
Das „Rheingold“ an der Oper Köln – Oper in NRW 10/25
Jede Menge bunter Abende
Wilder Programmmix in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 10/25
Jenseits üblicher Klänge
Das Multiphonics Festival 2025 in Köln und Wuppertal – Improvisierte Musik in NRW 10/25
Tanz gegen Kolonialismus
„La Pola“ im Rautenstrauch-Joest-Museum – Tanz in NRW 10/25
Gemalte lebendige Natur
„B{l}ooming“ im Wallraf-Richartz-Museum – Kunst in NRW 10/25
Günstige Städtereisen
Die Neue Philharmonie Westfalen tourt durchs Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 10/25
Biografisch enggeführt
„Ganz Klassisch“ im Bochumer Anneliese Brost Musikforum – Klassik an der Ruhr 09/25
Verzweifelte Leidenschaft
„Manon Lescaut“ an der Oper Köln – Oper in NRW 09/25
Das Leben in seinen Facetten
Wolfgang Tillmans in Remscheid – Kunst in NRW 09/25
Verantwortlichkeit!
Das Jerusalem Quartet in Köln und Bonn – Klassik am Rhein 09/25
Wissen in Bewegung
Das Sachbuch „Die Philosophie des Tanzens“ – Tanz in NRW 09/25
Zusammenprall der Extreme
„Der Goldene Drache“ von Peter Eötvös am Theater Hagen – Oper in NRW 09/25
Vater des Ethiojazz
Mulatu Astatke im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 09/25
5 Jahre plus Zukunftsmusik
Die Cologne Jazzweek feiert kleines Jubiläum – Improvisierte Musik in NRW 08/25
Musikalische Region
Das Originalklang-Festival Fel!x 2025 in Köln – Klassik am Rhein 08/25
Komme ich gut an?
„It‘s Me“ im Tanzmuseum des Deutschen Tanzarchivs Köln – Tanz in NRW 08/25