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„Der See“
Foto: Maik Teriete

Getragen bis in den Tod

29. Oktober 2015

„Der See“ im Orangerie Theater im Volksgarten – Theater am Rhein 11/15

Wo einst der viertgrößte Salzsee der Welt war, ist die Welt heute wüst, leer und giftig. Der Aralsee, einst ein fischreiches Gewässer, besteht aus drei kläglich kleinen Pfützen im Grenzgebiet von Kasachstan und Usbekistan. Dass es sich neben Tschernobyl um eine der größten vom Menschen verursachten Umweltkatastrophen handelt, ist wohl nur wenigen bekannt.

Mit „Der See“ in der Orangerie im Volksgarten erzählt Christina Vayhinger nun die unglaubliche Geschichte des Aralsees. Die Autorin und Regisseurin wählt hierzu einen interessanten Kniff: Sie lässt in Person von Sunga Weineck den See selbst erzählen. Abgerissen und verschlissen, schleppt er sich saft- und kraftlos über die Bühne, auf der eine ehemalige Schiffsplanke mit schwerer Eisenkette im Wüstensand liegt. Und in der Mitte ein zerbeulter Kanister, auf dem er häufig sitzt und gelegentlich einen Schluck Wasser nimmt.

In Fetzen fliegt die Geschichte des Aralsees an den Zuschauern vorbei. Lenin soll den Fischern gesagt haben, „mit ihren Fischen könne man den Weltkapitalismus besiegen“. Es folgte Stalins Agrarpolitik deren Auswirkungen ab den 1960er Jahren den See verschwinden und das freigewordene Land zu einer giftigen Wüste machte. Der Weltkapitalismus ist immer noch da und versucht nun in Gestalt der Weltbank mit Betonstaudämmen wenigsten den kasachischen Nordsee zu retten – mit fatalen Auswirkungen auf die zwei kleinen Seen im südlich gelegenen Usbekistan.

Leider scheitert die Regisseurin Vayhinger. Ein guter Text macht kein Theater. Es braucht deutlich mehr, als einen 85 lange Minuten getragen monologisierenden Schauspieler. Tempo- oder Tonwechsel, sind nicht auszumachen. Empörung über das, was die Menschen dem See angetan haben: Fehlanzeige. Wenn der See schon personifiziert wird, dann bitte richtig: Wäre ich ein See, dem der Mensch so übel mitgespielt hätte, ich würde wüten, schreien, anklagen, ich würde mich beweinen und bemitleiden, und ich würde alle, die aus einem einst stolzen, artenreichen und großen Ökosystem eine giftige Kloake gemacht haben, die Pest an den Hals wünschen.

„Der See“ | R: Christina Vayhinger | 12.-15.11. Do-Sa 20 Uhr, So 19 Uhr | Orangerie Theater im Volksgarten | 0221 952 27 08

Bernhard Krebs

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