„Klug sein und lieben kann kein Mensch auf dieser Welt!“ Das gilt als Lebensweisheit wie als spontane Feststellung im karnevalistischen Treiben in der Domstadt, wenn sich Dinge ereignen, die sich nie hätten ereignen dürfen – oder sich wie in den zahlreich nach den tollen Tagen erfolgten Eheschließungen zum unvermutet Guten wenden.
In der Kölner Oper im Staatenhaus läuft jetzt während des Gastspiels des zurückgekehrten Divertissementchens, einer bezaubernden kölschen Eigenart der Bühnentruppe Cäcilia Wolkenburg des Kölner Männergesangvereins, Carl Orffs „Die Kluge“ im Staatenhaus, als Oper für Kinder ab 7 & Familien. Es handelt sich um ein Produkt, das die Herzen aller Opernfreunde auch im Abendprogramm hoch schlagen ließe. Eine spielfreudige Regie, ein riesiges und gleichermaßen tolles Bühnenbild, fantasievolle Kostüme und ein ganzes Gürzenich-Orchester mit ungeheurer Schlagkraft – das konnte es in diesem Format in der bisherigen Kinderoper niemals geben. Und das Orchester ist nicht nur groß besetzt, sondern auch wunderbar in seiner Wirkung. Schön, dass der enorme Raum des Interims jetzt auch für die Kinder Besonderes bieten darf.
Orffs burleske Märchenoper ist nach den „Carmina burana“ das populärste Werk des Münchners, der gern Musik mit Bewegung verknüpfte. Deshalb tanzt auch die Musik durch die Sprache des von Orff selbst gesetzten Librettos (nach den Gebrüdern Grimm). Und auch die Figuren müssen sich bewegen, selbst der König dreht seine Runden und setzt seine Schritte – natürlich immer wirkungsvoll choreografiert zur rhythmisch prägnanten Musik.
In der aktuellen Wiederaufnahme kommen nun junge Stars des Opernstudios zum Einsatz und in königlich weißblauem Wamst ganz schön ins Schwitzen, während der Regent die Kluge bezirzt. Diese will eigentlich ihren Vater retten, der durch königliche Willkür im Kerker sitzt und lautstark skandiert: „Oh, hätt‘ ich meiner Tochter nur geglaubt!“ Die hatte die Gefahr nämlich vorausgeahnt.
Dieser Unrechtsskandal ist nur eine Spielart, die zeitlos an ähnliche politische Willkür der Gegenwart erinnert. Auch drei Strolche werden kräftig gescheucht, wenn nicht von der Regisseurin Brigitte Gillessen, dann vom Maulesel-Besitzer, dem bösen Drahtzieher in „Die Kluge“. Er will nämlich Recht beugen, ganz gezielt mit Hilfe der Strolche, und damit dem Besitzer einer Eselin das frisch geborene Fohlen abluchsen – weil sein Maultier bei der Niederkunft des Esels nahebei parkte. Obwohl Maultiere nicht fortpflanzungsfähig sind, entscheidet der rechtsprechende König zugunsten des Maultiermannes – der Coup ist gelungen, das Unwirklichste wird Wahrheit, ein „American Dream“. Die Kluge wird es letztlich richten – alles sollten wir nicht verraten. Das Stück ist intelligent, zeitlos, lehrreich, die Musik modern und hinreißend, ein Event für die ganze Familie.
„Die Kluge“ | R: Brigitte Gillessen | 30.1., 1., 2., 6., 7., 10., 13., 14., 16.1. je 11.30 Uhr, 4., 11., 18.2. je 15 Uhr | Oper Köln im Staatenhaus | 0221 22 12 84 00
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