Eine schicke, in Weiß und Gold gekleidete Dame (Katrin Nowak) weht in die „Bar 48“. Sie scheint froh, das hektische Treiben des Neumarkts vor der Tür zu lassen, wirkt freundlich, aber auch ziemlich gehetzt. Während sie die Füße ausruht, erzählt eine Politikwissenschaftlerin aus Pakistan von ihrer Familie, und wie sie nach Deutschland kam. Die Geschichte ist echt, doch vorgetragen wird sie von Schauspielerin Isis Krüger.
Das gleiche Prinzip greift fünfmal. Oliver Schnelker schlüpft in die Rolle einer slowakischen Künstlerin, die als Mädchen mit den Eltern über die österreichische Grenze floh. Tomasso Tessitori ist erst ein Amerikaner, der früh den Unterschied zwischen akzeptierten und argwöhnisch beäugten Ausländern kapierte, später wird er zu einem Mann aus Uganda, der mit Studienplänen nach Köln kam und heute in der Gastronomie arbeitet. Auch Isis Krüger wechselt nochmals und berichtet von den Schwierigkeiten einer lesbischen Iranerin.
Eine „theatrale Feldforschung über Biografien als Lebenssinn-Konstruktionen“ nennen Rosi Ulrich und Karin Frommhagen ihr Rechercheprojekt eher akademisch. Überhaupt wirkt die dritte Zusammenarbeit zwischen theater-51grad.com und in:takt e.V. zum Thema Flucht und Migration im 21. Jahrhundert abstrakter als die Vorgänger „Seegang ins Ungewisse – eine theatrale Reise“ (2010) und „Deutschland privat – Lebenslage illegal“ (2012). Weniger spielerisch und dramatisch wird der szenische Rahmen ins elegant-kühle Ambiente gesetzt, etwas zu additiv folgen die Erzählungen aufeinander und werden nur gelegentlich von Fragen der weißgoldenen Durchreisenden unterbrochen.
Deren Interventionen spitzen die 75minütige Collage dann gegen Ende besser zu. Dass sie in ihrer effizienzorientierten Betriebsamkeit und dem oberflächlich-netten Interesse so etwas wie eine Spiegelfigur des „westlichen Menschen“ an sich verkörpert, gehört zu den Stärken des Abends. Auch wenn vieles nur angetupft wird und man gerne mehr über die Protagonisten erfahren hätte: Hier werden Herz und Hirn dafür geweitet, dass man – wie es einer der Fünf so schön auf den Punkt bringt – „90 Prozent gute und 10 Prozent schlechte Menschen“ trifft, wenn man offen auf sie zugeht.
„Ein Feind ist jemand …“ I R: Rosi Ulrich, Karin Frommhagen I keine weiteren Termine
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