Die Journalistin Flaurence Aubenas hat es wie Günter Wallraff Anfang der 80er Jahre für „Ganz unten“ gemacht: Ohne Kontakt zu ihrem bisherigen Leben jobbt sie im Hamsterrad einer Putzkolonne im nordfranzösischen Caen, die die Kanal-Fähren im Akkord reinigen. Juliette Binoche spielt die Rolle der recherchierenden Autorin, die in ihrem Doppelleben nicht nur auf harte Schicksale, sondern auch auf neue Freundinnen trifft und nun zunehmend in Gewissensnöte gerät. Denn sie kehrt ja bald wieder zurück zu ihrem alten Leben. Emmanuel Carrère inszeniert das von starken Frauen geprägte Drama „Wie im echten Leben“ (Cinenova, Filmpalette, OmU in der Bonner Kinemathek) im fast dokumentarischen Stil und thematisiert auch die moralische Problematik einer solchen Recherche-„Reise“. Gedreht wurde außer im Fall der Hauptdarstellerin vor allem mit Laiendarstellerinnen.
Julius ist ein sympathischer und offener Typ. Er hat keine Schwierigkeiten, Anschluss zu finden, und bringt auch gerne andere zusammen. Den neuen Kollegen, der wie er als Museumswärter jobbt, lädt er gleich zu seinem mit Freunden geplanten Bootsausflug ein. Doch es kommt etwas dazwischen – nicht zum ersten Mal. Und dann ghostet er seine Freunde – bricht den Kontakt ab. Nur zu seiner Freundin nicht. Für die ist er allerdings ein erfolgreicher Architekt, während er in seiner WG die Miete kaum zahlen kann. Moritz von Treuenfels verkörpert die verschiedenen „Juliusse“, die er als zwanghafter Lügner spielt, beeindruckend. Wenn sich dann Risse in seinen Erzählungen auftun, hält man das vor Fremdscham kaum aus. Regisseur Jöns Jönssons und sein Hauptdarsteller bleiben in ihrer Tragikomödie „Axiom“ (Odeon, Weisshaus) unbarmherzig dran, ohne zu psychologisieren.
Regisseur Jöns Jönsson ist am Mittwoch, 29.6. um 20:30 zu Gast im Odeon.
Außerdem neu in den Kinos: Marc Parramons und David Fernández de Castros Trans*-Dokumentarfilm „Mein Name ist Violeta“ (Filmhaus), Mariano Cohns und Gastón Duprats Filmbusiness-Satire „Der beste Film aller Zeiten“ (Cinenova, Cinenova Open Air, OmU im OFF Broadway), Ronny Trockers Gesellschaftsthriller „Der menschliche Faktor“, Nabil Ben Yadirs drastisches Misshandlungsdrama „Animals“ (OmU in den Lichtspielen Kalk) und Nahuel Lopez' Road-Doku „Dear Memories – Eine Reise mit dem Magnum-Fotografen Thomas Hoepker“ (Cinenova, Odeon, Weisshaus). Dazu starten Ed Perkins' Diana-Doku „The Princess“ (OmU in der Filmpalette), Timo Jacobs' Comedian-Tragikomödie „Stand Up! Was bleibt, wenn alles weg ist“ (Filmclub 813, Premiere am 1.7. um 21:00 im Odeon im Rahmen der Kölner Kino Nächte), Thorsten Kleins Biopic „Abenteuer eines Mathematikers“ (Rex am Ring) und Kyle Baldas, Brad Ablesons und Jonathan Del Vals Gelber-Helferlein-Spaß „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex, Residenz, Rex am Ring, UCI, OV im Metropolis).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Grau-Weißer Farbenrausch
Steffen Lenk in der Galerie Anke Schmidt
Der talentierte Herr Kafka
Die Filmstarts der Woche
„Es geht darum, Verbindung herzustellen und zu fühlen“
Zwei Fragen an Filmemacherin Laura Heinig – Portrait 10/25
Eine Rose am Revers
Jerry Leger im 674FM Konzertraum – Musik 10/25
Nicht mehr wegzudenken
Das Wuppertaler Jazzmeeting 2025 – Musik 10/25
„Die wichtigste Strategie: nicht aufgeben“
Zwei Fragen an Filmemacherin Lenia Friedrich – Portrait 10/25
Der Mensch hinter der Legende
choices Preview im Odeon Kino – Foyer 10/25
Kindheitserinnerungen
„Geheimnis“ von Monika Helfer und Linus Baumschlager – Vorlesung 10/25
„Für mein Debüt bündle ich im Moment alle Kräfte“
Zwei Fragen an Filmemacherin Kim Lea Sakkal – Portrait 10/25
Offene Erwartungen
Das „Rheingold“ an der Oper Köln – Oper in NRW 10/25
Angenehm falsch
„Wiener Blut“ am Essener Aalto-Theater – Oper in NRW 10/25
Schritt für Schritt zum Schnitt
25. Edimotion-Festival für Filmschnitt und Montagekunst in Köln – Festival 10/25
Preisträgern auf den Zahn fühlen
Artist Talks des Film Festival Cologne im Filmpalast - Foyer 10/25
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Das Konzept der Fotografie
Bernd und Hilla Becher in der Photographischen Sammlung – kunst & gut 10/25
Im Rausch der unerhörten Klänge
Beyond Dragons im Stadtgarten – Musik 10/25
Gemalte lebendige Natur
„B{l}ooming“ im Wallraf-Richartz-Museum – Kunst in NRW 10/25
Kunstwerk Demokratie
„We … Together“ im NS Dokumentationszentrum – Kunst 10/25
Kultur am Kipppunkt
Teil 1: Lokale Initiativen – Bruno Wenn vom Kölner Kulturrat über die Lage der städtischen Kulturhäuser
Muttärr! Oder: Dschungelbuch in Ulm
„Man kann auch in die Höhe fallen“ am Theater Der Keller – Auftritt 10/25
Appell an die Menschlichkeit
Navid Kermanis Lesung im MAKK – Lesung 10/25
Was hat Kultur denn gebracht?
Eine Erinnerung an Nebensächliches – Glosse
Jede Menge bunter Abende
Wilder Programmmix in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 10/25
Jenseits üblicher Klänge
Das Multiphonics Festival 2025 in Köln und Wuppertal – Improvisierte Musik in NRW 10/25
„Mich hat die Kunst gerettet“
Teil 1: Interview – Der Direktor des Kölner Museum Ludwig über die gesellschaftliche Rolle von Museen