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Sommerhäuser

Sommerhäuser
Deutschland 2017, Laufzeit: 96 Min., FSK 12
Regie: Sonja Kröner
Darsteller: Thomas Loibl, Günther Maria Halmer, Laura Tonke, Ursula Werner, Mavie Hörbiger
>> www.sommerhaeuser-derfilm.de

Wundersam authentische Zeitreise in die 70er

Aus dem Leben
„Sommerhäuser“
von Sonja Kröner

Deutschland im Sommer des Jahres 1976, ein familiärer Gemeinschaftsgarten außerhalb von München. Oma Sophie ist gestorben, die Familie kommt zusammen. Ihre drei Kinder sind selbst schon greise, Tochter Ilse (Ursula Werner) hatte die gestrenge Mutter bis zuletzt gepflegt. Den Nachwuchs bilden Bernd (Thomas Loibl) mit Frau (Laura Tonke) und Kindern, zum anderen Gitti samt unehelicher Tochter, die vom Vater nicht anerkannt wird. Die Familie verteilt sich auf die Häuschen. Man gedenkt, man witzelt, man tuschelt über die Zukunft des Grundstücks, die Schwägerinnen zicken. Gartenarbeit, Sonnenbad. Selbstverständnis. Im Radio Nachrichten. Ein Mädchen wurde entführt, die Olympischen Spiele laufen. Die Kinder spielen, ziehen sich zurück ins Baumhaus, erforschen die Gegend mit Walkie-Talkies. Auf dem Grundstück herrscht eine Wespenplage. Hupfball, Erdbeerrolle, Gemüsegärtnern. Ein Sommer in Deutschland in den 70ern.

Wie wunderbar. Und so einfach: Regisseurin Sonja Kröner interessiert sich in ihrem Debüt nicht zuallererst für den Plot, sondern für die Figuren. Dafür besetzt sie allesamt bis in die Kinderrollen mit großartigen Darstellern und folgt ihnen durch Garten, Wald und Gartenhaus. Durch den Trott jener heimeligen Zusammenkunft von früher, wie es sie heute nicht mehr gibt. Im umzäunten Grünen, in routinierter, wohliger Gemeinsamkeit. Kalauer, Sorglosigkeit, gelegentliche Anspannung. Die Kinder entdecken hinter jedem Baum ein Abenteuer, so wie in den Büchern Enid Blytons. „Ich wollte einfach die Sommer meiner Kindheit einfangen“, sagt die Regisseurin. Und sie tut dies mit Detailreichtum, mit inszenatorischer Kraft und Intuition, dass einem das Herz aufgeht. Vor allem, wenn es einem vergönnt ist, ein Kind dieser Zeit gewesen zu sein.

„Sommerhäuser“ erzählt weniger eine Geschichte als vielmehr von einem Zustand, ohne jedoch gleich in die assoziativen Sphären eines Terrence Malick („The Tree of Life“) abzudriften. Kröner verliert sich nicht. Sie bleibt bloß unverkopft, in der gewählt offenen Form unbedrängt, im Erzählfluss leichthändig. Es mag zwischenmenschlich brodeln, und es eskaliert. Es passiert viel, doch zumeist passiert eigentlich nichts. Das ist das Schöne an diesem Film. Und das Besondere ist, dass er dabei nicht an Spannung verliert. Alles bleibt unaufgeregt, aber magisch. Neben der Nostalgiedusche hält das Drama wundersam das Gleichgewicht zwischen leisem Humor, tragischem Moment und Versöhnung. Der Schnitt rückt die Momente rhythmisch stimmig an- und auseinander, gestattet Bruch und Zeitsprung und bleibt dabei wie wunderlich ein Guss. „Meine Vorbilder kommen eigentlich mehr aus dem Leben und weniger aus dem Kino“, sagt die Regisseurin. Die Männer kommen dabei arg schlecht weg, aber Sonja Kröner erzählt vor allem unkonventionell, und wir hoffen, dass sie sich davon etwas bewahrt. Ihr Debüt ist ein Kunststück, das sich frei macht von der deutschen Norm. Und weil sie aus den 70ern erzählt, aber weder von SED-Apparat noch von der RAF, wird sie dafür wohl keinen Oscar gewinnen. Wohl aber sehr viele Herzen. Unseres hat sie schon.

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(Hartmut Ernst)

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