Das Kölner Musikfestival „Acht Brücken“ ist vor drei Jahren aus der MusikTriennale hervorgegangen. Kleiner als die MusikTriennale, dafür aber jährlich möchte man seit 2011 einen kompakten Blick auf die Musik der Moderne werfen. Jede Ausgabe widmet sich einem anderen Komponisten. Nach Schwerpunkten zu Pierre Boulez und John Cage folgt nun vom 30. April bis zum 12. Mai eine Ausgabe, die sich verstärkt um das Werk des griechischen Komponisten Iannis Xenakis bemüht. Der 2001 verstorbene Komponist war als Ingenieur und Architekt tätig. In Paris arbeitete er zehn Jahre lang mit Le Corbusier zusammen. Der Musik näherte er sich zunächst autodidaktisch, bevor er bei Honegger und Messiean studierte und seine von naturwissenschaftlichen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten bestimmte Musik komponierte. Zusammen mit Edgar Varèse und Corbusier hat er 1955 für die Expo in Brüssel das „Poème Electronique“ entworfen, das starken Einfluss auf die Entwicklung der Klangkunst hatte. „Acht Brücken“ präsentiert insgesamt 36 Werke von Xenakis. So werden am 9. Mai um 20.30 Uhr in der Kunststation St. Peter sechs Stücke in Beziehung zu Bachs „Die Kunst der Fuge“ gesetzt. Die Musik anderer Komponisten kommt bei dem Festival, dessen weiterer Rahmen das Spannungsfeld elektronischer Musik zwischen E und U absteckt, auch losgelöst von Xenakis zum Zug. So zum Beispiel mit Bernd Alois Zimmermanns „Requiem für einen jungen Dichter“ (1967-69) für Sinfonieorchester, drei Chöre, Jazzband, Sprecher und Tonband-Zuspielungen (5.5., 20 Uhr, Philharmonie).
Den Spagat zwischen E und U wagen einige Konzerte mit Protagonisten der elektronischen Club- und Popmusik. Ein Highlight dürfte sicherlich der Auftritt von Matthew Herbert mit dem Ensemble Stargaze unter der Leitung von André de Ridder sein. De Ridder hat im letzten Jahr bereits mit Mouse on Mars zusammengearbeitet, jetzt widmet er sich „In C“ von Terry Riley einem Klassiker der Minimal Music mit großem Einfluss auf die Entwicklung der Clubmusik (6.5., 20 Uhr, Philharmonie). Ebenfalls eine Gratwanderung unternimmt Gregor Schwellenbach, wenn er zur Feier von „20 Jahre Kompakt“ mit einem Ensemble ausgewählte Tracks aus dem Katalog des einflussreichen Kölner Technolabels auf klassischem Instrumentarium interpretiert (9.5., 19 Uhr, Funkhaus Wallrafplatz). Auch der Auftritt des Shooting-Stars Nicolas Jaar, der Musique Concrète und klassische Instrumente mit Techno und Downbeat kombiniert, dürfte hohe Erwartungen schüren (8.5., 20 Uhr, Philharmonie). Eindeutig im Popkontext zu verorten sind DAF – die Deutsch-Amerikanische-Freundschaft. Das charismatische Duo aus Zeiten der NDW spielt seinen radikalen Minimal-Pop von damals und neuere Stücke (7.5., 21 Uhr, Alter Wartesaal). Burnt Friedman & der ehemalige Schlagzeuger von Can, Jaki Liebezeit, erforschen die Rhythmen der Welt, während Schlammpeitziger den naiven Charme der Elektronik aus seinen Geräten kitzelt (4.5., 22 Uhr, Stadtgarten).
Mit dem Abschlusskonzert am 12.5. um 20 Uhr in der Philharmonie verbinden sich dann die frühen Elektronikexperimente der Avantgarde mit der Bedeutung Kölns für die elektronische Musik – gestern wie heute: Gespielt werden Karlheinz Stockhausens „Gesang der Jünglinge“, „Mikrophonie 1“, „Mikrophonie 2“ und „Mixtur“. Dazu gibt es die Uraufführung der Auftragskomposition „Kemp Echos“ des Kölner Komponisten Markus Schmickler, auch ein Mittler zwischen den Welten von E und U. Für die theoretische Unterfütterung des Festivals sorgt täglich von 15 bis 19 Uhr der „Elektroakustische Salon“ im Foyer des Filmforum.
„Acht Brücken. Musik für Köln“ I 30.4. bis 12.5. I www.achtbruecken.de I diverse Orte I Festivalpass: 95 € (erm. 48 €)
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