Wenn Kommunikation auf dem Nullpunkt angelangt ist – was bleibt da noch? Genau, ein Gespräch über das Wetter. Seit Menschengedenken beeinflusst es Leben, Tod, Alltag und Vision der Menschheit, und das wird sich nicht ändern: „Nur die Liebe und das Wetter hören nimmer, nimmer auf.“ Blixa Bargeld sei Dank für diese Zeile. Die passt einfach besser als David Bowies „Planet Earth is blue and there´s nothing I can do“. Denn tun können wir viel, wollen wir aber nicht. Und auch das zeigt die Ausstellung „Wetterbericht“ in der Bundeskunsthalle, die parallel zur UN-Weltklimakonferenz in Bonn eröffnet wurde. Die Schau, eine genüssliche Gratwanderung zwischen Wetterkultur und Klimawissenschaft, blickt in alle Höhen und Tiefen zwischen Erderwärmung und Stratosphärenvergiftung und schafft Verbindungen zwischen Barometer und Regenschirm.
Wer jetzt eine naturwissenschaftliche Ausstellung erwartet, wird mächtig getäuscht, es ist auch eine Gemäldeschau zwischen mittelalterlicher Votivtafel und zeitgenössischer Installationstheatralik.
Die kunstvolle Reise durchs Klima beginnt in der Kunsthalle mit Gerhard Richters sechsteiligem Wolkenopus von 1971. Öl auf Leinwand, ein Meter mal knapp sieben, gemalt nach einem Foto am Sylter Strand. Gleich daneben die Vitrine mit Jochem Hendricks‘ „100 Tränen“-Multiple (Miniglas, Tränen, 1997) auf Vogelfuttersamtkissen. Wie das in eine inhaltliche Ausstellunglogik zusammenführt, wage ich nicht zu hinterfragen, muss man auch nicht, ohnehin zieht einen die wolkenumtoste blaue Kugel nebenan bereits in den Bann, hier werden virtuell animiert und deshalb ziemlich plastisch die Windsysteme erklärt, die den Planeten umkreisen, die alle zusammenhängen und – obwohl sie so mächtig daherkommen, ein filigranes, schnell zerstörtes, aber natürlich auch zerstörerisches Konstrukt bilden. Weiter geht es mit viel Sonnenschein und schicken Beweisen einer typisch deutschen Freikörperkultur (Gerhard Riebicke, Gelatinesilberabzüge, 1928-32), den Kontrast bilden vielleicht Regina Virserius‘ „Der letzte Tag. Insomnia“ (Foto, 2015) oder die „Stürmische See“ (Öl auf Leinwand, 1839) von Johannes Holst, um wieder in die klimatische Thematik zurückzufinden. Ernst Barlachs „Frierendes Mädchen“ (1916) kann das nachvollziehen.
Kommen wir zum sinnstiftenden Wetterbericht. Immer wieder erklärt ARD-Wetterexperte Karsten Schwanke, worauf es dabei ankommt und wie sich klimatische Informationen über technische Errungenschaften und Computersysteme erweitert haben. In Bonn stehen in Vitrinen noch die metallischen Vorfahren dieser Entwicklung, Windfahnen, Barometer, Anemometer, viel mehr hatte man früher nicht, aber bereits viel Wissen und Erfahrungen über Wolkenbildung, die Abhängigkeit von Luftdruck und Wetter und ob es Regen gibt, wenn der Frosch die Leiter hochklettert. Und selbst dem Blitz kann man in Bonn auf die Spur kommen. Ein faradayscher Käfig steht da und drinnen eine Tesla-Spule, die Elektrizität spukt. Die Krönung: Ritterkettenhandschuh an, Ohrstöpsel auf, Hand hinein, dem Blitz mal guten Tag sagen. Puh. Nach etwas Überwindung geht es, doch irgendwie hab ich noch Wilhelm Ferdinand Pauwels „Luthers Freund Alexius vom Blitz erschlagen“ (Öl auf Leinwand, 1872) im Kopf. Ich wandere lieber weiter zum Wetterballon.
Wetterbericht – Über Wetterkultur und Klimawissenschaft | bis 4.3. | Bundeskunsthalle, Bonn | 0228 917 12 00
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